Freitag, 7. April 2017

V03 - Verkehrszeichen







Verkehrszeichen. So richtig losgegangen mit den Verkehrszeichen ist es in Deutschland im Jahr 1927. Vorher ist man eher einfach so durch die Gegend gefahren. Interessanterweise waren es genau diese hier abgebildeten sechs Warnschilder, die ab 1927 verwendet wurden.Das Vorfahrtzeichen kam 1934 hinzu. Das wußte ich auch nicht, daß wir Hitler das Vorfahrtachtenschild verdanken. Vier Jahre später kam das Hauptstraßenschild hinzu, in der alten Version, an der sich vielleicht noch der eine oder andere erinnert (alle Grafiken: wikipedia):

 
Vorfahrt bis 1971

Offenbar sah man im Deutschen Reich Ende der Dreissiger Jahre einen Bedarf nach umfassender und europaweiter Vorfahrt. Die gelbweiße Version des Vorfahrtsstraßenschilds gab es ab 1971, das Jahr der wohl größten Revision des Schilderbestands. Und das ist ohnehin das Interessante: warum man welche Änderungen durchgeführt hat. Viele Modifikationen haben schlichtweg technische Gründe - die Dinge sahen einfach anders aus als vorher.


Ganz offenbar beim unbeschrankten Bahnübergang:


 1956 - Märklin

 1970 - ICE

Beim Kraftfahrzeug gibt es sogar drei Versionen:

 
1934
 
1972
 
1992




Noch interessanter sind die Änderungen, wenn Personen abgebildet sind. Zuerst die spielenden Kinder:

1956
 
1992
 


Gendermäßig ist bei der Version von 1956 alles in Ordnung: das Mädchen hält den Jungen an der Hand. Aber es ist sozusagen ein verkehrspädagogisches Problem – das Schild vermittelt den Eindruck, die Schwester hätte alles und ihren kleinen Bruder komplett im Griff. Aber das soll das Schild eben gerade nicht vermitteln. Das zeigt die neue Version von 1992. Um es mal direkt zu übersetzen: die Version von 1956 bedeutet „Gut erzogene Kinder gehen artig über den Bürgersteig“. Die Version von 1992 bedeutet „Verrotzte Kackblagen laufen wild durcheinander“, und genau das ist ja der Punkt bei dem Schild.



Sehr interessant auch das Schild für Fußgängerwege:



 
1956




Diese Version von 1956 hing noch sehr lange (heute noch?) an meinem Grundschulweg in Lichtendorf, und zwar an der oberen Seite am Haarstrang. Ein Mann mit Hut und kleinem Kind an der Hand, aber das ist auch irgendwie merkwürdig und ungut. 1970 wurde die Angelegenheit dann auch modernisiert und umgegendert: jetzt war es eine Frau, die das Kind an der Hand führt, lustigerweise mit Endsechzigerfrisur und Minikleid:



 
1970


Von der anderen Seite des kleinen Weges habe ich sogar ein Foto, hier (2011):

 
Rechts Fußweg für Frauen mit Minrock, links Pudelstrecke




Und da hängt tatsächlich noch die Version von 1970. Mir war damals schon aufgefallen, daß von unten eine Frau mit Kind zu sehen, von oben aber ein Mann mit Hut mit Kind. Mama und Papa, dachte ich mir. Ich habe mir stets die Welt so zurechtgelegt, daß es gut paßt. Übrigens: das ist hier genau die Stelle aus H31 mit dem widerlichen kleinen Pudel, der mich auf dem Schulweg immer ausgekläfft hat, und zwar auf dem linken Grundstück. Die Einfahrt war damals auch noch mit dem Zaun verschlossen, und dahinter begann dann die Renn- und Kläffstrecke des kleinen Monsters. 

1992 schließlich gab es eine neue Version des Fußgängerüberwegs:




 
1992



 Offenbar war man etwas ratlos, wie man die Personen abbilden soll. Piktogramm, klar, aber es sollte als Frau erkennbar sein. Knifflig. Da bot sich der Glockenrock so als einzige Lösung an, es sei denn, man hätte Brüste appliziert.



Andere Gründe für Verkehrsschildänderungen waren internationale Normierungen. So ist z.B. das Stoppschild 1970 zu uns gekommen, hier die Version vorher und nachher:




 
Halt! bis 1970

 
Stop! ab 1970






Und dann schließlich hat man Schilder aus dem Verkehr gezogen (selten war die Formulierung so glücklich wie hier). Als Beispiele, ab 2009, der Steinschlag und der Flugbetrieb:





 
Achtung! Flugverkehr!

Abenteuerliche Steine!





Beim Flugzeug befand man, daß der Flugbetrieb keinen direkten Einfluß auf den Straßenverkehr hat (das stimmt wohl meistens) und außerdem haben sich viele Fahrer den Hals verrenkt, um die tollen Flugzeuge zu kucken. Den Verlust des Steinschlagschilds fand ich schade. Ich bin ja in eher flachen Gegend aufgewachsen (steiler Pudelweg hin oder her), und so bekam ich Steinschlagschilder vor allem zu sehen, wenn wir zur Möhne oder Sorpe gefahren sind, und da gab es dann Steinschlagschilder im Dutzend zu sehen. Ich fand, es hatte etwas leicht Gefährliches, diese herunterfallenden Steine, etwas Abenteuerliches, hier jetzt entlang zu fahren. Dann waren wir aber angekommen, und mein Vater und Onkel Werner haben angefangen, ungeheuer kompliziert ihr Angelzeug herzurichten, um dann Barsche oder Hechte oder was-auch-immer zu fangen, die ich aber alle nicht mochte, weil Gräten drin waren und sie noch nach Fisch aussahen. Aber die Steinschlag-Schilder, die waren toll.


1 Kommentar:

  1. Mich würde ja interessieren, wer bschlossen hat, dass Bahnübergänge nicht mehr "beschränkt" sondern "beschrankt" sind.

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