Zeit. Ich habe dieses Lemma absichtlich an das Ende
gestellt. Ja, jetzt ist es endgültig vorbei. Es waren insgesamt etwas mehr als
fünf Jahre (weil die Veröffentlichung zuerst anderswo ein Jahr früher war). Und
ja, es hat Spaß gemacht. Und ja, es ist gut, daß es vorbei ist.
Das Schreiben war immer sehr, sehr einfach. Wenn es nicht
einfach war, sondern schwierig wurde, habe ich die Illustration einfach
weggetan. Das kam ungefähr zehnmal vor, also eine Quote von unter 5%. Manchmal
ganz merkwürdig, wozu mir alles nichts eingefallen ist, andererseits hat es
mich genau so überrascht, zu wie vielen Sachen mir doch etwas eingefallen ist.
Und es ist auch gut so, jetzt bei Z angekommen zu sein.
Diese Art, Geschichten zu erzählen, ist naturgemäß endlich. Ich habe für euch
nicht mehr zwanzig Kinderweihnachten, und auch nicht mehr viele Geschichten
über Spielzeugburgen, Kicken im Garten, abebrochene Türklinken undsoweiter.
Ursprünglich war das Projekt überhaupt nicht so autobiographisch geplant, wie
es dann später wurde. Es ist einfach so passiert, weil mir – vielleicht ein
Erbe des Ruhrgebiets – zu vielen allgemeinen Sachen dann doch ein privates
Gedöns einfällt.
Ganz am Anfang habe ich sogar noch pseudonymisiert, dann
aber (auch in der hier lesbaren Version) die echten Namen benutzt, als ich
feststellte, daß die Leute das sogar mochten. Oder es sie zumindest nicht
störte. Bis auf eine einzige Ausnahme, es gibt ein Lemma, bei dem alle Namen
ausgetauscht wurden, aber ich verrate nicht, welches.
Dies alles hätte es nicht gegeben, wenn nicht mein Vater
mir vor vielen Jahren den Brockhaus geschenkt hätte. Meine Eltern hatten ihn
gekauft, da waren sie noch ganz jung, oder noch gar nicht verheiratet. Dann kam
meine Schwester, und ich erst fünf Jahre später, und so bin ein wenig aus der
Brockhaus-Zeit herausgefallen.
Zeit von der Fa. Habmann, aus dem Nachlaß meines Vaters
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Dabei ist es nicht so einfach, die (eigene) Lebenszeit
von der (allgemeinen) Weltzeit zu trennen, wenn man das Gefühl für ein
Zeitalter beschreiben will. So kommen mir die Siebziger unendlich naiv und
verspielt vor, aber allein deshalb, weil ich dort selbst fünf bis fünfzehn
Jahre alt war, naiv und verspielt. Zuerst hatte ich gedacht, der Brockhaus sei
aus der ganz falschen Zeit, weil einfach zu alt und vor meiner Zeit.. Dann aber
stellte ich fest, wie viele, längst verglühte Sachen aus dem Brockhaus und der
Brockhaus-Zeit mir noch geläufig waren. Münzfernsprecher. Erwachsene Männer,
die Hüte tragen. Kurzwarenabteilungen in Warenhäusern. Hosenträger. Es ist eine
ganz merkwürdiges Gefühl, ein so großen Teil der Gegenwart miterlebt zu haben,
auch wenn es ein gemischtes Gefühl ist, denn es natürlich auch eine
Begleiterscheinung des Alterns. Alter ist aufgeschichtete Zeit.
Die Illustrationen des Brockhaus-Blog waren eine ganz
merkwürdige Auswahl aus dem Bestand der Welt. Naturgemäß waren es viel öfter konkrete
Dinge als Abstrakta. Und diese physischen Sachen teilten sich auf, in
natürliche Dinge und von Menschen Geschaffenes, wobei die natürlichen Dinge
sich eher weniger verändern, aber unser Umgang mit ihnen. Eine Ananas 1952 ist
nichts anderes als eine Ananas 2017. Aber 1970 kannte ich Ananas nur aus der
Dose. In jenem Jahr im K-Markt oder im Coop in Dortmund-Lichtendorf eine Ananas
kaufen? Nicht wirklich.
Spaß, als Stichwort. Oh ja, bisweilen hab ich mich in
regelrechte Begeisterung geschrieben und auch Sachen nachgekauft, wie beim
Mosse-Code (T7) oder die Stube-Küchenwaage (W1). Hauptsache, ich konnte
ausführlich vom eigentlichen Thema abschweifen und über etwas Interessantes herumschwadronieren.
Achja, ein Grundprinzip des Blogs ist auch immer gleich geblieben. Es gab keine
Links. Auch das hat sich so ergeben, in ganz frühen Versionen der ersten Posts
gab es sogar noch welche. Aber irgendwann ist mir klar geworden, dieses
Grundprinzip des Netzes hier gerade nicht anzuwenden. Gerade weil ein Lexikon
auch ein Verweissystem ganz eigener Struktur ist. Imaginäre Links sozusagen.
Und zuletzt, natürlich, noch ein Wort zu euch Lesern. Ich
weiß, es gibt eine Handvoll Stammleser (die ich auch meistenteils persönlich
kenne), und viele zufällige oder gelegentliche Leser, die das Internet hierhin
geweht hat. Wie auch immer: ich hab es nicht nur für mich, sondern vor allem
auch gerne für euch geschrieben. Und ich hoffe, ihr habt es vielleicht gerne
gelesen.
Und ebenfalls hoffe ich, daß ihr mich auf www.privileg270t.de besuchen werdet. Dort
ist aber alles total ernst. Fast alles.
So, jetzt. Jedes Ende hat seine Zeit.
Schluchz.
AntwortenLöschenBin vor einer Woche auf diesen deinen zauberhaften Blog gestoßen. Archäologie auch meiner Jugend. Hör bitte nicht damit auf.
AntwortenLöschenP.S. und es war nicht alles nur schlecht, damals im Westen.
LöschenUnd nochwas, dann bin ich hier weg:
AntwortenLöschenhttps://www.perlentaucher.de/buch/georg-klein/roman-unserer-kindheit.html
Klasse, also kann man gut finden.
Hallo,
AntwortenLöschenZeit ist etwas sehr subjektives und gleichzeitig auch nicht. Ich finde deine Gedanken dazu super interessant.
Viele Grüße, Felix von der AdPoint GmbH
Ich habe beim ersten und zweiten Lesen von Arbeit und Struktur den Link zu diesem Blog verpasst. Wie? Auch das eine Erinnerung an eine Zeit vor mir (so jung bin ich).
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