Freitag, 1. Dezember 2017

Z05 - Zeit - Allerletzter Post




Zeit. Ich habe dieses Lemma absichtlich an das Ende gestellt. Ja, jetzt ist es endgültig vorbei. Es waren insgesamt etwas mehr als fünf Jahre (weil die Veröffentlichung zuerst anderswo ein Jahr früher war). Und ja, es hat Spaß gemacht. Und ja, es ist gut, daß es vorbei ist.
Das Schreiben war immer sehr, sehr einfach. Wenn es nicht einfach war, sondern schwierig wurde, habe ich die Illustration einfach weggetan. Das kam ungefähr zehnmal vor, also eine Quote von unter 5%. Manchmal ganz merkwürdig, wozu mir alles nichts eingefallen ist, andererseits hat es mich genau so überrascht, zu wie vielen Sachen mir doch etwas eingefallen ist.
Und es ist auch gut so, jetzt bei Z angekommen zu sein. Diese Art, Geschichten zu erzählen, ist naturgemäß endlich. Ich habe für euch nicht mehr zwanzig Kinderweihnachten, und auch nicht mehr viele Geschichten über Spielzeugburgen, Kicken im Garten, abebrochene Türklinken undsoweiter. Ursprünglich war das Projekt überhaupt nicht so autobiographisch geplant, wie es dann später wurde. Es ist einfach so passiert, weil mir – vielleicht ein Erbe des Ruhrgebiets – zu vielen allgemeinen Sachen dann doch ein privates Gedöns einfällt.
Ganz am Anfang habe ich sogar noch pseudonymisiert, dann aber (auch in der hier lesbaren Version) die echten Namen benutzt, als ich feststellte, daß die Leute das sogar mochten. Oder es sie zumindest nicht störte. Bis auf eine einzige Ausnahme, es gibt ein Lemma, bei dem alle Namen ausgetauscht wurden, aber ich verrate nicht, welches.
Dies alles hätte es nicht gegeben, wenn nicht mein Vater mir vor vielen Jahren den Brockhaus geschenkt hätte. Meine Eltern hatten ihn gekauft, da waren sie noch ganz jung, oder noch gar nicht verheiratet. Dann kam meine Schwester, und ich erst fünf Jahre später, und so bin ein wenig aus der Brockhaus-Zeit herausgefallen.

Zeit von der Fa. Habmann, aus dem Nachlaß meines Vaters
Dabei ist es nicht so einfach, die (eigene) Lebenszeit von der (allgemeinen) Weltzeit zu trennen, wenn man das Gefühl für ein Zeitalter beschreiben will. So kommen mir die Siebziger unendlich naiv und verspielt vor, aber allein deshalb, weil ich dort selbst fünf bis fünfzehn Jahre alt war, naiv und verspielt. Zuerst hatte ich gedacht, der Brockhaus sei aus der ganz falschen Zeit, weil einfach zu alt und vor meiner Zeit.. Dann aber stellte ich fest, wie viele, längst verglühte Sachen aus dem Brockhaus und der Brockhaus-Zeit mir noch geläufig waren. Münzfernsprecher. Erwachsene Männer, die Hüte tragen. Kurzwarenabteilungen in Warenhäusern. Hosenträger. Es ist eine ganz merkwürdiges Gefühl, ein so großen Teil der Gegenwart miterlebt zu haben, auch wenn es ein gemischtes Gefühl ist, denn es natürlich auch eine Begleiterscheinung des Alterns. Alter ist aufgeschichtete Zeit.
Die Illustrationen des Brockhaus-Blog waren eine ganz merkwürdige Auswahl aus dem Bestand der Welt. Naturgemäß waren es viel öfter konkrete Dinge als Abstrakta. Und diese physischen Sachen teilten sich auf, in natürliche Dinge und von Menschen Geschaffenes, wobei die natürlichen Dinge sich eher weniger verändern, aber unser Umgang mit ihnen. Eine Ananas 1952 ist nichts anderes als eine Ananas 2017. Aber 1970 kannte ich Ananas nur aus der Dose. In jenem Jahr im K-Markt oder im Coop in Dortmund-Lichtendorf eine Ananas kaufen? Nicht wirklich.
Spaß, als Stichwort. Oh ja, bisweilen hab ich mich in regelrechte Begeisterung geschrieben und auch Sachen nachgekauft, wie beim Mosse-Code (T7) oder die Stube-Küchenwaage (W1). Hauptsache, ich konnte ausführlich vom eigentlichen Thema abschweifen und über etwas Interessantes herumschwadronieren. Achja, ein Grundprinzip des Blogs ist auch immer gleich geblieben. Es gab keine Links. Auch das hat sich so ergeben, in ganz frühen Versionen der ersten Posts gab es sogar noch welche. Aber irgendwann ist mir klar geworden, dieses Grundprinzip des Netzes hier gerade nicht anzuwenden. Gerade weil ein Lexikon auch ein Verweissystem ganz eigener Struktur ist. Imaginäre Links sozusagen.
Und zuletzt, natürlich, noch ein Wort zu euch Lesern. Ich weiß, es gibt eine Handvoll Stammleser (die ich auch meistenteils persönlich kenne), und viele zufällige oder gelegentliche Leser, die das Internet hierhin geweht hat. Wie auch immer: ich hab es nicht nur für mich, sondern vor allem auch gerne für euch geschrieben. Und ich hoffe, ihr habt es vielleicht gerne gelesen.
Und ebenfalls hoffe ich, daß ihr mich auf www.privileg270t.de besuchen werdet. Dort ist aber alles total ernst. Fast alles.
So, jetzt. Jedes Ende hat seine Zeit.

6 Kommentare:

  1. Bin vor einer Woche auf diesen deinen zauberhaften Blog gestoßen. Archäologie auch meiner Jugend. Hör bitte nicht damit auf.

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    1. P.S. und es war nicht alles nur schlecht, damals im Westen.

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  2. Und nochwas, dann bin ich hier weg:
    https://www.perlentaucher.de/buch/georg-klein/roman-unserer-kindheit.html

    Klasse, also kann man gut finden.

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  3. Hallo,
    Zeit ist etwas sehr subjektives und gleichzeitig auch nicht. Ich finde deine Gedanken dazu super interessant.
    Viele Grüße, Felix von der AdPoint GmbH

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  4. Ich habe beim ersten und zweiten Lesen von Arbeit und Struktur den Link zu diesem Blog verpasst. Wie? Auch das eine Erinnerung an eine Zeit vor mir (so jung bin ich).

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