Verkehrszeichen. So richtig losgegangen mit den Verkehrszeichen
ist es in Deutschland im Jahr 1927. Vorher ist man eher einfach so durch die
Gegend gefahren. Interessanterweise waren es genau diese hier abgebildeten sechs
Warnschilder, die ab 1927 verwendet wurden.Das Vorfahrtzeichen kam 1934 hinzu. Das
wußte ich auch nicht, daß wir Hitler das Vorfahrtachtenschild verdanken. Vier
Jahre später kam das Hauptstraßenschild hinzu, in der alten Version, an der
sich vielleicht noch der eine oder andere erinnert (alle Grafiken: wikipedia):
Offenbar sah man im Deutschen Reich Ende der Dreissiger
Jahre einen Bedarf nach umfassender und europaweiter Vorfahrt. Die gelbweiße
Version des Vorfahrtsstraßenschilds gab es ab 1971, das Jahr der wohl größten
Revision des Schilderbestands. Und das ist ohnehin das Interessante: warum man
welche Änderungen durchgeführt hat. Viele Modifikationen haben schlichtweg
technische Gründe - die Dinge sahen einfach anders aus als vorher.
Ganz offenbar beim unbeschrankten Bahnübergang:
1956 - Märklin |
1970 - ICE |
Beim Kraftfahrzeug gibt es sogar drei Versionen:
1992 |
Noch interessanter sind die Änderungen, wenn Personen
abgebildet sind. Zuerst die spielenden Kinder:
1956 |
Gendermäßig ist bei der Version von 1956 alles in
Ordnung: das Mädchen hält den Jungen an der Hand. Aber es ist sozusagen ein
verkehrspädagogisches Problem – das Schild vermittelt den Eindruck, die
Schwester hätte alles und ihren kleinen Bruder komplett im Griff. Aber das soll
das Schild eben gerade nicht vermitteln. Das zeigt die neue Version von 1992. Um es mal direkt zu übersetzen: die Version von 1956
bedeutet „Gut erzogene Kinder gehen artig über den Bürgersteig“. Die Version
von 1992 bedeutet „Verrotzte Kackblagen laufen wild durcheinander“, und genau
das ist ja der Punkt bei dem Schild.
Sehr interessant auch das Schild für Fußgängerwege:
Diese Version von 1956 hing noch sehr lange (heute noch?)
an meinem Grundschulweg in Lichtendorf, und zwar an der oberen Seite am
Haarstrang. Ein Mann mit Hut und kleinem Kind an der Hand, aber das ist auch irgendwie
merkwürdig und ungut. 1970 wurde die Angelegenheit dann auch modernisiert und umgegendert:
jetzt war es eine Frau, die das Kind an der Hand führt, lustigerweise mit Endsechzigerfrisur
und Minikleid:
Von der anderen Seite des kleinen Weges habe ich sogar
ein Foto, hier (2011):
Und da hängt tatsächlich noch die Version von 1970. Mir
war damals schon aufgefallen, daß von unten eine Frau mit Kind zu sehen, von
oben aber ein Mann mit Hut mit Kind. Mama und Papa, dachte ich mir. Ich habe
mir stets die Welt so zurechtgelegt, daß es gut paßt. Übrigens: das ist hier
genau die Stelle aus H31 mit dem widerlichen kleinen Pudel, der mich auf dem Schulweg immer ausgekläfft hat, und zwar auf dem
linken Grundstück. Die Einfahrt war damals auch noch mit dem Zaun verschlossen, und
dahinter begann dann die Renn- und Kläffstrecke des kleinen Monsters.
1992
schließlich gab es eine neue Version des Fußgängerüberwegs:
Offenbar war man etwas ratlos, wie man die Personen
abbilden soll. Piktogramm, klar, aber es sollte als Frau erkennbar sein. Knifflig.
Da bot sich der Glockenrock so als einzige Lösung an, es sei denn, man hätte
Brüste appliziert.
Andere Gründe für Verkehrsschildänderungen waren
internationale Normierungen. So ist z.B. das Stoppschild 1970 zu uns gekommen, hier
die Version vorher und nachher:
Und dann schließlich hat man Schilder aus dem Verkehr
gezogen (selten war die Formulierung so glücklich wie hier). Als Beispiele, ab
2009, der Steinschlag und der Flugbetrieb:
Abenteuerliche Steine! |
Beim Flugzeug befand man, daß der Flugbetrieb keinen
direkten Einfluß auf den Straßenverkehr hat (das stimmt wohl meistens) und außerdem
haben sich viele Fahrer den Hals verrenkt, um die tollen Flugzeuge zu kucken. Den
Verlust des Steinschlagschilds fand ich schade. Ich bin ja in eher flachen
Gegend aufgewachsen (steiler Pudelweg hin oder her), und so bekam ich
Steinschlagschilder vor allem zu sehen, wenn wir zur Möhne oder Sorpe gefahren
sind, und da gab es dann Steinschlagschilder im Dutzend zu sehen. Ich fand, es
hatte etwas leicht Gefährliches, diese herunterfallenden Steine, etwas Abenteuerliches,
hier jetzt entlang zu fahren. Dann waren wir aber angekommen, und mein Vater
und Onkel Werner haben angefangen, ungeheuer kompliziert ihr Angelzeug
herzurichten, um dann Barsche oder Hechte oder was-auch-immer zu fangen, die
ich aber alle nicht mochte, weil Gräten drin waren und sie noch nach Fisch
aussahen. Aber die Steinschlag-Schilder, die waren toll.
Mich würde ja interessieren, wer bschlossen hat, dass Bahnübergänge nicht mehr "beschränkt" sondern "beschrankt" sind.
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