Freitag, 6. November 2015

P19 - Plätten




Plätten. Interessant: die jüngere Brockhausausgabe von 1975 malt die meisten Gegenstände ab (sogar das Gasbügeleisen ist gekippt), aber verlegt die Angelegenheit nach B60 = Bügeln. Erfunden wurde das Bügeleisen im 15. Jahrhundert (vorher hat man seine Sachen knüselig getragen). Bei der sogenannten Bolzenplätte (links unten) wurde der Bolzen separat erhitzt. Man nannte ihn auch Ochsenzunge. Mir fällt auf, daß es wohl kaum einen Bereich gibt, der durch Elektrifizierung so massiv vereinfacht wurde wie Waschen und Bügeln. Das geht doch alles ruckzuck und nebenbei, wohingegen man früher da eine komplette schwäbische Hausfrau benötigte. – Ich bin einmal gespannt, wie das Internet der Dinge sich auf das Bügeleisen auswirken wird. Meine Kleidung ist ja dann auch digitalisiert und unterhält sich mit dem Bügeleisen („Hallo wie geht’s?“ „Gut!“ „Jetzt wird es ganz kurz etwas heiß!“ „Dann mach bitte schnell!“). Apropos Internet. Vor ein paar Jahren hatte FOCUS mal eine Bügelanleitung für Hemden ins Netz gestellt. Dort war die Reihenfolge:



1) Kragen
2) Manschetten
3) Ärmel
4) Front li.
5) Hinten
6) Front re.
7) Schulterstück



Das ist natürlich unsinnig. Meine Mama hat mir beigebracht:



1) Schulterstück
2) Ärmel
3) Manschetten
4) Hinten
5) Front li.
6) Front re.
7) Kragen



Die dahinterstehende Logik besagt, daß die sichtbarsten Stücke zuletzt gebügelt werden. Die zuerst gebügelten Teile haben ja ein gewisses Wiederknitterrisiko (Google: „Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage - wiederknitterrisiko - übereinstimmenden Dokumente gefunden.) - Früher gab es ja auch noch die Heißmangel. Am Ende unserer Straße mußte man in einen kleinen Wirtschaftsweg, und über einen Hinterhof war dann die Heißmangel zu erreichen. Ich glaube, vier Frauen bedienten das Teil, zwei auf der Einlaufseite (oder wie das heißt. Es gibt leider keine Illustration im Brockhaus), zwei auf der Auslaufseite. Es war immer warm, stickig und feucht in dieser Mangelhöhle. Die Frauen waren auch die schlimmsten Klatschbasen der ganzen Nachbarschaft. Schon von dem Hinterhof hörte man ihr pausenloses Geläster. Ich meine, sie hatten ja auch immer Gesprächsstoff im wahrsten Sinne des Wortes, da ihnen die Wäsche der ganzen Nachbarschaft gebracht wurde. Das heißt, man brachte hauptsächlich Bettwäsche, Tischtücher und Handtücher zum Mangeln. Ich habe jetzt einmal recherchiert, ob hier in der Nähe ein Heißmangelbetrieb ist. Also keine Komplettwäscherei, sondern nur eine Heißmangel. Nichts. Auch wieder eine Branche, die das Internet aufgefressen hat. - So ein Ärmelplättbrett hatte meine Mutter auch früher (oder hat sie etwa…muß ich mal fragen). Dazu noch einen hellgrünen Wäschesprenger, denn Dampfbügeleisen gab es natürlich nicht. Die Kunden bei amazon sind auch einigermaßen verzweifelt, was sie in ihrer Rezension bei Wäschesprengern schreiben sollen. Einer gibt das offen zu: „klassischer Wäschesprenger der alles macht was man von ihm erwartet. Was soll man weiter dazu schreiben. Würd ihn wieder nehmen.“

2 Kommentare:

  1. You made my day, das war genau der richtige Einstieg zwischen Woche und Wochenende. Herzlichen Dank an dieser Stelle für die wunderbar luftig-leichten, manchmal philosophisch angehauchten Brockhaus-Betrachtungen. Was wird aber passieren, wenn das Alphabet durch ist?

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  2. Liebe Tily! Dankeschön für Ihre schönen Worte. Sie haben übrigens auch einen schönen Blog! Ja, wenn Z17 Zylinder fertig ist, dann hört der Blog einfach auf. Aber das dauert ja noch. Verpassen Sie auf keinen Fall das große Weihnachtsspezial, am 18. Dezember!

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