Tee. Ohne
Tee würde echt was fehlen. Vor die Wahl gestellt, für immer nur Tee oder Kaffee
– klare Sache: Tee. Wobei ich vorzugsweise nicht Tee-Tee, sondern Früchtetee
trinke. Ich habe gerade mal das Teeregal durchgezählt: 27 Sorten. Das ist mir
aber jetzt schon fast ein bißchen peinlich. Wie auch immer: wenn ihr mich mal
besucht, ich denke, ich habe den richtigen Tee für euch. Und das Beste ist es
doch, im Winter am Wochenende zum Tegeler See rauszufahren, und dann am
Hohenzollernkanal eine Pause einzulegen, und dann einen Becher dunklen
Beerentee aus der unglaublich schönen und heißhaltenden Morgan
Thermoskanne, das ist ein Stück vom Himmel, ganz bestimmt. Womit wir direkt
beim nächsten Thema wären.
Tauschierung.
Die Himmelsscheibe von Nebra ist eine Tauschierung, interessant. Und wir hatten
das ja schon im Weihnachtsspezial: ganz klar zu identifizieren auf der
Himmelsscheibe sind die Plejaden. Schon 1600 v. Chr. wußte man, wie es geht:
dem Mädchen nicht alle Sterne zeigen, sondern das schönste Sternbild, und das
sind die Plejaden. Versucht es mal im Winter, im Weihnachtsspezial steht die
Anleitung, ihr werdet ein Fernglas brauchen. Tauschierung bedeutet schlichtweg
die Befestigung von Metall an einem Metall, ob durch Einhämmern, Löten, wie
auch immer. Wenn Metall auf, in, mit Metall, dann ist es eine Tauschierung.
Telegramm.
Unglaublich. Es gibt noch Telegramme. Für lumpige 12,90 € übermittelt die
Deutsche Post ein Telegramm (mit bis zu 160 Zeichen, quasi tweetoid). Wenn du
deiner Liebsten bis 3.00h morgens telegrafierst: „NUR DU, NUR DU ALLEIN BIST
SCHOENER ALS DIE PLEJADEN.“ kommt das noch am selben Tag an, mit Briefträger.
Kuhl. Wenn ich mich das nächstemal verliebe, dann kriegt sie ein Telegramm. Ich
könnte ihr natürlich auch eine SMS schicken, aber ein Telegramm – das hat
einfach Klasse! – Die Nachfrage nach Telegrammen ist –nun- etwas eingebrochen.
1929 wurden in den USA noch 200 Millionen Telegramme pro Jahr versendet. Am 27.
Januar 2006 hat Western Union dann den Dienst eingestellt. Es waren im Jahr
2005 noch 20.000 Telegramme.
Telegrammvordruck der Deutschen Bundespost |
Die
Abkürzungen – um Kohle zu sparen, sind natürlich sehr niedlich, allerdings auch
kryptisch. Auf was für eine Sprache beziehen sich die Kürzel? Deutsch ist es
nicht, englisch eigentlich auch nicht, vielleicht französisch als Postsprache?
Wie merkwürdig. Es sind natürlich die Vorläufer von lol und rofl. Daneben gab
es den sog. Rudolf-Mosse-Code, bei dem über 100.000 (!) handelsübliche Phrasen
verkürzt wurden. Zum Beispiel: „aksso“ = Wenn wir den Alleinverkauf erhalten“
Wie abgefahren! Und ihr wißt ja, mit was für einem Zeug ihr mich bekommt.
Gerade in einem holländischen Antiquariat einen Band mit dem Rudolf-Mosse-Code
bestellt. Und wer wird das ausbaden müssen? IHR! Aksso!
(Ein Tag
später:) Der freundliche holländische Antiquar schrieb mich jetzt auch schon in
wunderbaren Holland-Duits an. "Sobald das Buch bezahlt ist, verschicken
wir es an Ihnen." Ja, aber hallo! Erwarten Euch Montag vormittag = „oaazk“.
Ihr glaubt gar nicht, wie verzückt ich bin. Okay, Rechenschieber, Steno,
Kurrent, ich hab es halt mit antiker Bürotechnik. Aber das Schöne am Mossecode
ist ja auch, daß ich ncht die geringste Ahnung hatte, daß es so etwas Seltsames
überhaupt gibt.
(Drei
Tage später:) Und unfaßbar: es ist nach drei Tagen gekommen. Und es ist natürlich
ganz wunderbar! Es ist von 1922, also ziemlich sehr genau 30 Jahre älter als
der Brockhaus. Und es bildet mehr als 100.000 Geschäfts-Phrasen in
5-Buchstaben-Abkürzungen an. Alles, was im Kapitalismus von 1922 passieren
kann, ist in diesen kryptischen Abkürzungen enthalten. Es gibt einen Mossecode
nicht nur für Streik („ovcav“), sondern auch für Man rechnet mit längerer Dauer
des Streiks („ovedd“). Es gibt einen Code für Schiff verloren, Mannschaft und Passagiere
gerettet („ouygy“), aber auch für Schiff verloren mit Mannschaft und
Passagieren („ouyjo“). Es ist ein geschlossenes System, ähnlich wie eine eigene
Sprache. Was keinen Mossecode hat, das kann nicht passieren. Es gibt eine
Möglichkeit, sich außerhalb der Mosse-Phrasen auszudrücken, aber das ist märchenhaft
ineffizient und kompliziert – der einzelne Buchstabe P hat z.B. den Code „miear“.
Das Mosse-Code-Buch |
Interessanterweise
gibt es keinen Mossecode für "Mossecode". Wäre ja auch irgendwie
etwas unlogisch. Was für eine Fundgrube. Ein Kettenrostgenerator, was immer das
auch sein mag, heißt ynvlauppac! Das klingt ja fast wie Finnisch! Hier eine
Seite mit Klavierfabrik ("isbie") und Klumpig ("isdux").
Knäuel = isere |
Es gibt Sonderteile für Zahlen (825,-- ist
"woelu"), für Waren, Orte, Unternehmen etc. Es gibt Verstümmelungstafeln,
mit denen fehlerhafte Codes korrigiert werden können. Das scheint damals häufig
vorgekommen zu sein. Da der Code Kontroll-Buchstaben enthält, kann man
regelmäßig auch mit 4 richtigen Buchstaben auf das richtige Wort kommen, oder
sogar nur bei 3 richtigen Buchstaben. Und ja, die
Übersichten heißen wirklich „Verstümmelungstafeln“.
Ein riesiger Teil des Mosse-Codes ist alles, was
mit Schiffsbewegungen zu tun hat. Es gibt sogar mit Tabellen mit freien Codes,
bei dem man selbst den Schiffsnamen eintragen kann (das muß man dann natürlich
mit dem Partner vorher ausdealen). Irgendwie logisch: beim Schiffsverkehr kann
so allerlei schiefgehen (Schiff verloren etc.), beim Eisenbahnverkehr eher
weniger.
Es gibt Codes dafür, wie der Geschäftspartner
drauf ist: „utmel“ ist tüchtig, „utiyg“ ist skrupellos. Jedes Kalenderdatum hat
einen Mossecode. Der Warenkatalog ist überirdisch: Moskitonetze sind
„yithoupolk“, es gibt 40 Mossecodes für verschiedene Kaffeesorten. Auf der
inneren Umschlagseite ist ein Illustration mit der Zentrale des Hauses Rudolf
Mosse abgebildet, sehr schön:
Unglaublicherweise gibt es das Haus noch immer. Googelt mal Mossehaus.
Was für ein wunderbares Buch aus einer verlorenen Welt! Das geheime ABC heißt
übrigens "gunhabeyes". Gunhabeyes!
Was für ein ausgesprochen hübsches Buch! Es sieht ein bisschen so aus wie eine Logarithmen-Tabelle, nur eben mit Buchstaben.
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