Strand. Das oben ist dann eher Nordsee, während es unten
eher nach Ostsee aussieht, und zwar nach dem Kurhaus in Binz. Ich war schon
einmal dort, aber es ist ein Riesenproblem, daß die Ostsee so ein schlaffes
Meer ist. Die Ostsee ist der Chris Rea, der Adalbert Stifter, der Carl Spitzweg
der Ozeane. Es ist ja noch nicht einmal richtig salzig. Da ist die Nordsee
schon ein ganz anderer Schnack. Ich war ja erst auch kürzlich dort:
Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen bezieht sich
auch auf den Strand: ich baue eine Sandburg und mein Vetter Reinhard zeigt
seinem Vater Onkel Werner einen roten Eimer mit einem Krebs darin. Der
Zeitpunkt für diesen Urlaub ließ sich im Nachhinein gut bestimmen: es muß 1967
gewesen sein. Das würde allerdings bedeuten, daß ich erst zwei Jahre alt war.
Das halte ich aber für unwahrscheinlich. Ich lese gerade nach, daß die
infantile Amnesie die ersten zwei Lebensjahre dauert. Dann könnte es so gerade
doch so hinkommen. Hm. Übrigens weiß man gar nicht so genau, warum sich sehr
kleine Kinder nichts merken können. Man vermutet, das Gehirn sei noch nicht in
der Lage für langfristige Speicherung.
Zurück zum Strand. Die oben dargestellte Buhne ist ein
Damm zum Schutz vor Erosion. Die Nordsee knabbert nämlich sonst den ganzen
Strand weg. An der Ostsee mit seinem kleinen Geplätscher braucht man natürlich
keine Buhnen. Desweiteren sind Buhnen dafür da, damit die Möwen bei Ebbe ein
bißchen abhängen können und dusselig in die Gegend gucken. Hier, ebenfalls vor
ein paar Tagen:
Aber natürlich nur bei Ebbe. Apropos. Als ich da
stundenlang am Strand entlangspazierte, nahm ich mir mal vor, mich etwas näher
mit den Gezeiten zu beschäftigen. Jede siebte Welle ist etwas höher undsoweiter.
Ich dachte mir auch, wenn ich dann mal mit einer Dame am Strand spazierengehe,
kann ich ihr etwas über Ebbe und Flut erzählen. Es gibt da ein Standardwerk von
einem gewissen Andreas Malcharek, das ich mir beschafft habe. Ich kopiere euch
mal eine typische Seite aus „Gezeiten und Wellen“:
Alles klar? Ich bin mit dem Buch heillos überfordert.
ABER! Wenn ihr genau hinschaut, seht ihr nicht sin und cos, sondern sinh und
cosh. Das sind hyperbolische Winkelfunktionen. Und von ihnen spannt sich ein
Bogen zu einem ganz anderen Thema, über das wir schon ausführlich gesprochen
haben: Rechenschieber (in der Kartei Nr. 102). Die großen Standardmodelle der
drei wichtigen Hersteller habe ich schon; aber es gibt auch Rechenschieber mit
hyperbolischen Skalen. Sie sind sehr viel seltener, weil die hyperbolischen
Funktionen eher von Wellenausrechnern und Brückenbauingenieuren benötigt
werden. Das wissen leider auch die Sammler. So jage ich schon seit Monaten
einem Aristo 972 hinterher. Ich habe mir sogar ein Sniper-Tool (die heißen
wirklich so) angeschafft, um in letzter Sekunde mein Gebot rauszujagen. Nützt
aber nicht viel, weil die anderen auch Sniper sind. Und die Gebote gehen immer
weit über 100 Euro. Vor einer Woche war ein superseltener Faber-Castell Mathema
in einer Auktion. Der Verkäufer wußte gar nicht, was er da in den Fingern hatte
(„vielleicht evtl. ein Sammlerstück?"). 10 Sekunden vor Auktionsende war
er bei 150 €, da hat er wahrscheinlich schon den Schampus aufgemacht. Und dann
kamen die Sniper. Verkaufspreis: 374,89 €. Krass. Jetzt habe ich allerdings
billig ein Konvolut erstanden, in dem eventuell ein hyperbolischer
Rechenschieber enthalten ist, es war leider nicht genau zu erkennen. Drückt mir
die Daumen.
Zurück zum Strand. Das alles nützt mir bei
Strandspaziergängen mit Frauen natürlich nicht die Bohne. Ich meine, kinetische
Energie (s.oben) ist schon, aber hyperbolische Funktionen? Interessant auch in
der obigen Illustration die „Badezellen“. Es ist ja eine Entwicklung der
letzten 50 Jahre, daß zumindest bei Freibädern Umkleidekabinen nicht mehr
benötigt werden. Schaut euch mal das renovierte Wannseebad an. Kilometerlang
Umkleidekabinen. Heutzutage ist es zulässig, auch mal 5 Sekunden nackig zu
sein, wenn man sich umzieht. Die Geschichte der Kurzzeitnacktheit muß sowieso
mal geschrieben werden. Auf Männertoiletten am Pinkelbecken gibt es ja auch
Männerpimmel zu sehen.
Zurück zum Strand. Etwas gerätselt habe ich, was denn da
die „Strandburg“ soll. Strandburg, nicht Sandburg (ungefähr in der Mitte der
Illustration). Ich habe dann mal die Ausgabe von 1944 zu Rate gezogen. Das ist
ganz interessant: es ist ein völlig andere Illustration, aber offenbar hat der
Neu-Zeichner fast alle Elemente übernommen, wenn auch auf zwei Zeichnungen
verteilt. So ganz perfekt ist sie tatsächlich nicht, weil man kaum den
Unterschied zwischen Meer und Strand sieht. Dort findet sich aber auch die
Strandburg. Als Kind habe ich auch Strandburgen gebaut, natürlich viel kleiner,
und in unmittelbarer Nähe zur Wasserlinie. Das war dann toll, wenn die Flut kam
und mein Bauwerk langsam verschlungen hat, obwohl ich ständig die Außenmauern
verstärkt habe. Ist halt alles Sand, und Ahnung von hyperbolischen Funktionen
hatte ich auch nicht. Interessanterweise tauchen auch noch „Fremdenheime“ in
der Illustration auf, in der Ausgabe von 1952 sind es jetzt „Pensionen“. Das
Wort „Fremdenheim“ ist wirklich komplett aus dem Sprachschatz verschwunden.
Eigentlich schade, es ist doch ganz schön. Fremd sein, aber trotzdem ein Heim
haben, Heimat der Heimatlosen. Aber vermutlich klang es den
Fremdenheimbesitzern zu unfreundlich.
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