Kartenspiele. Ich bin in einer Kartenspielgegend
aufgewachsen, in einer Kartenspielfamilie. Nach wie vor glaube ich, dass der
tradtionelle Kartensatz allen affigen neu hergestellten Spielen haushoch
überlegen ist. Wie zum Beispiel das nichtswürdige UNO, was ein aufgepimpertes
Mau-Mau ist, oder dieses unsägliche PHASE 10. Beide lassen sich übrigens
problemlos mit normalen Kartensätzen spielen. -
Zuallererst habe ich Mau-Mau gelernt. Von meinem Vetter
Reinhard, mit dem konservativen Regelsatz: Bube auf Bube stinkt, und wer
vergißt, Mau zu sagen, muß eine Karte ziehen. Ich weiß noch, wie ich das
erstemal 8 Karten ziehen mußte: natürlich war ich sauer, daß Reinhard meine dritte
Sieben auch noch mit der vierten Sieben kontern konnte, aber ich wußte, ich
erlebe jetzt gerade etwas Großes. Dann fing Raumschiff Enterprise an. - In der Grundschule war Quartettspielen noch eine
große Sache, aber später dann sind wir auf Skat umgestiegen. Vor allem mit Frank
und seinem Vetter Volker im Bus Linie 57. Frank war eher vorsichtig, aber
souverän, Volker eher ein Hitzkopf, der auch mal gerne einen Grand mit Pik- und
Herzbuben und zwei Fehlfarben versemmelte. Aber, liebe Skatfreunde, ich muß
Euch etwas sagen: Skat ist kein gutes Spiel. Bei Skat sind 80% aller Spiele im
vornherein entschieden, weitere 15% sind ein bißchen spannend, und vielleicht
5% ein bißchen mehr. Das ist kein interessantes Spiel. Skat ist ein
Klugscheißerspiel. Bei Skat „sagt man etwas an“, und das wird dann so gemacht. Skat
ist ein offenes, klares, deutsches, doofes Spiel. Mein Opa hat mir mal erzählt,
beträchtliche Teile des Zweiten Weltkriegs mit Skatspielen verbracht zu haben. Die
Amerikaner haben bestimmt gepokert. Aber was haben denn wohl die Engländer
gespielt? Bridge? Ist das nicht zu kompliziert während einer Panzerschlacht? In
dem russischen Gefangenlager, in dem mein Opa dann schließlich landete, hat er
allerdings ein Schachspiel geschnitzt. – Das beste Kartenspiel hingegen ist
Canasta. Meine Eltern haben es mit zwei Onkeltantenpaaren gespielt, Abende
lang, Jahrzehnte lang. Und immer die Frauen gegen die Männer. Und Tante
Rosemarie hatte IMMER noch einen Joker auf der Hand. - Ich habe jetzt in Berlin auch eine
Canastafamilie gefunden. Cornelius und ich gegen Julia und Maxine. NOCH führen
die Damen 3:2, aber das werden wir ändern. Ein Problem ist, daß die Damen
wirklich gut spielen. Canasta ist kein Glücksspiel. Canasta ist ein
Nervenspiel. Wer die besten Nerven hat, gewinnt. Ok, wer Joker hat, gewinnt auch.
Und Maxine hat, wie Tante Rosemarie, IMMER EINEN JOKER. Aber wir Jungs, wir
werden gewinnen (langfristig) .Und damit ihr nicht darben
sollt, findet ihr nachfolgend (die einzig gültigen) Canastaregeln.
Canastaregeln
Diese kleine Schrift
enthält die einzig wahren und gültigen Canastaregeln. Andere, abweichende
Regeln sind finsterer Aberglaube, der entschlossen und tapfer bekämpft werden
muß. Die Regeln haben sich über Jahrzehnte entwickelt.
Canasta ist ein
konzentrationsförderndes und charakterformendes Spiel. Dies ist gerade in
Hinblick auf die Jugend sehr wichtig. Bosheit, Berechnung, Niedertracht,
Schadenfreude sind Eigenschaften, die mit dem Canastaspiel auf hervorragende
Art und Weise gefördert werden und dem jungen Menschen Halt und Hilfe auf
seinem weiteren Lebensweg geben.
In diesem Sinne:
„Und Tante Rosemarie, die
hat immer einen Joker.“
Grundsätzliches
Spielablauf: Bei 2
Spielern erhalten beide Spieler 13 Karten. Bei 4 Spielern erhalten alle Spieler
11 Karten. Bei 4 Spielern spielen die Spieler 1 und 3, und die Spieler 2 und 4
zusammen.
Ziel einer Runde ist es,
5.000 Punkte zu bekommen. Eine Runde besteht aus mehreren abgeschlossenen
Partien. Punkte werden erzielt durch Canastas (7 Karten einer Sorte), durch
Kartenwerte und Sonderwertungen.
Ziel eines einzelnes
Spiels ist es:
a) Möglichst viele
Canastas zu bilden = 7 Karten einer Sorte mit oder ohne Joker („unechter“ bzw.
„echter“ Canasta)
b) Alle seine Karten
loszuwerden (in Canastas, Ablage und Auslage) und das Spiel zu beenden
Spielablauf
Abwechselnd wird nach dem
Geben eine Karte vom Stapel gezogen und eine beliebige Karte abgelegt. Rote
Dreien müssen am Anfang, wie auch während des Spiels, als eigenständige Ablage
sofort auf den Tisch gelegt werden und bekommen 100 Punkte (+ oder -). Es wird
sofort eine Ersatzkarte nachgezogen. Ausgelegt (= als senkrechter Fächer auf
den Tisch legen) werden kann:
Mindestens 3 Karten
einer Sorte UND die Mindestpunktzahl ist erreicht (50, 90 oder 120)
ODER es wird ein
Handcanasta ausgelegt. (ohne vorherige Ablage, sofort 7 Karten einer Sorte)
2er wie auch Joker können
jede Karte ersetzen. Beim Auslegen müssen mindestens drei gleiche Karten
vorhanden sein (gezählt ohne Joker oder 2). Der Spieler kann durch Karten vom
Stapel seine Auslage allmählich vervollständigen und so einen Canasta erzielen.
Als Punktwerte gelten, auch in anderen Phasen des Spiels:
Karte/Besonderheit/Wert
2 /„Kleiner Joker“/20
Schwarze 3/Stoppkarte/5
Rote 3/Sofort auslegen!/100
4/-/5
5 /-/5
6 /-/5
7/-/5
8/-/10
9/-/10
10/-/10
B/-/10
D/-/10
K/-/10
A /-/20
Joker/"Echter
Joker“/50
Canasta gelegt werden
können mit allen Sorten, auch mit Joker. Ein Canasta mit schwarzen Dreien ist
nicht erlaubt, ebensowenig mit roten Dreien. Ein „echter“ Canasta kommt ohne
Joker aus und erhält mehr Punkte, ebenso wie ein Handcanasta d.h. ein Canasta, bei
dem die 7 Karten in einem Zug direkt aus der Hand abgelegt werden. Der Partner
darf immer Canastas ergänzen, aber nur, wenn er an der Reihe ist.
Klopfen
Eine Auslage ist
Voraussetzung für das Klopfen. Falls eine abgelegte Karte vom Gegner mit Handkarten
mindestens einen Dreier ergibt (also hat man mindestens 2 Karten derselben
Sorte auf der Hand), darf nicht nur diese Karte, sondern der GESAMTE
Ablegestapel mitgenommen werden („Klopfen“). In folgenden Fällen darf der
Spieler allerdings NICHT klopfen:
a) Karte ist in der
vorherigen Runde vom Spieler, der nun klopfen könnte, abgelegt werden
(Beispiel: Spieler 1 legt einen Buben. Spieler 4 kann jetzt einen Buben
ablegen, ohne daß Spieler 1 klopfen könnte.)
b) Gegner legt eine
schwarze Drei
c) Gegner legt Joker (J
oder 2)
d) Erste Karte nach einem
geklopften Packen
e) Karte ist vom Gegner
ausgelegt oder Teil eines Canastas des Gegners
Als „Gottpacken“ gilt ein
Packen, der mindestens 5.000 Punkte in dieser Runde ergibt. Ansonsten ergeben
sich hieraus keinerlei Konsequenzen, außer der heiligen Pflicht, einen
Gottpacken angemessen zu würdigen und zu feiern.
Ausmachen und Abrechnung
Als Voraussetzung für das
Ausmachen gilt, dass der Spieler oder das Team mindestens einen Canasta
erreicht hat. Achtung: Zum Ausmachen muss auch eine Karte auf den Ablegestapel
gelegt werden! Die Handkarte des Gegner ergibt nun negative Punkte, ebenfalls alle
ausgelegten Karten und rote Dreien, falls noch kein Canasta erreicht worden
ist. Ausgelegte Punkte des Gegners, der schon einen Canasta hat, sind positiv,
die Handkarte aber ebenfalls negativ.
Zuerst werden die Canasta
und Roten Dreien gezählt und aufgeschrieben. Anschließend werden die Handkarten
und die ausgelegten Karten gezählt und entsprechend positiv oder negativ
gewertet.
Einfacher Canasta: 300
Echter oder Hand-Canasta: 500
Joker Canasta: 1000
Joker Hand Canasta: 1500
Rote 3: +/-100
Vier x Rote 3: +/-800
Ausmachen: 100
+ /- Einzelne Kartenwerte
(s.o.)
Mindestpunkte zum
Auslegen
0-1500 50 (1 Auslage)
1500-3000 90 (1 Auslage)
3000-5000 120 (1 oder 2
Auslagen)
(hier gibt es die
optionale Regel, daß beide Auslagen über 60 Punkte haben müssen)
Auslegen Besonderes
Schwarze 3en dürfen nur
beim Ausmachen ausgelegt werden
2 Karten + Joker
dürfen nur beim Ausmachen ausgelegt
werden, nur 1x
Ende der Runde
Wenn ein Spieler oder
Team 5000 Punkte überschreitet, ist die Partie beendet.
Sonderregeln
Sonderregel 1: Beide
Teams über 5.000 Punkte
Wenn beide Teams/Spieler
in einem Spiel über 5.000 Punkte kommen, gilt nicht die höhere Punktzahl für den
Sieg, sondern wer dieses letzte Spiel ausmacht, gewinnt die Gesamtpartie. Diese
Regel ist insbesondere in Ostwestfalen sehr umstritten. („So spiel ich nicht“)
Sonderregel 2:
Rheinisches Ausmachen
Wem es beim Canasta mit 2
Personen gelingt, aus der Hand auszumachen, notiert sowohl die eigenen
positiven Punkte doppelt als auch die Handkarte des Gegners. Die Regel gilt
nur, wenn der andere noch nicht ausgelegt hat.
Sonderregel 3: 4 Spieler
Wenn A ausgelegt hat,
darf auch Partner C auslegen, ohne sich um Mindestpunkte zu kümmern. Ebenso
darf C sofort klopfen, in derselben Runde auch noch mit der ausgelegten Sorte
(Beispiel: Spieler 1 legt Buben aus, Spieler 2 legt Bube auf den Ablegestapel,
Spieler 3 darf in dieser Runde noch mit Buben klopfen). Falls Spieler 1
ausmacht, ist auch die Runde beendet und die Handkarte vom Partner negativ zu
zählen.
Taktik
Entscheidend ist es
natürlich, das Klopfen zu verhindern. Aus diesem Grund sollte man sich stets
merken, was der Spieler hinter einem abwirft, und zwar vom Anfang des Spiels
an.
Es kann sich lohnen,
später gezogene Karten, die zu einem eigenen Canasta passen, nicht
hinzuzuordnen, sondern auf der Hand zu halten. In der Regel sind sie sehr gute
Ablegekarten, da der Gegner sie normalerweise früh abwirft.
Bei vier Spielern lohnt
es sich praktisch nie, auf Joker Hand Canasta zu spielen.
Wenn der Partner bei vier
Spielern auf den Tisch gekommen ist, sollte man selber sein Blatt
zusammenhalten und nicht auch auslegen. Dies erhöht die Klopfchancen.
Wenn man einen Packen
geklopft hat, ist es unfein, Karten zum Handblatt zu ergänzen und dann in einer
nächsten Runde einen Handcanasta zu legen. Generell sind Canasta aus dem Packen
keine Handcanastas
Es ist natürlich
untersagt, Joker auf andere Stapel umzulegen.
Wenn ein bestehender
Canasta mit weiteren Karten ergänzt wird, kann aus ihm kein echter Canasta
werden, auch wenn es sieben gleiche Karten sind.
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