Spekulum & Speck. Irgendwie ist das sehr seltsam, was
für Lemmata da zusammenfinden. Über Spekulum möchte ich nicht so gerne schreiben.
Es ist zum Gucken, nicht? Wohin denn? – Weiter zum Speck. Der ist wichtig für
Bratkartoffeln, obwohl meine Mutter ohne auskommt und sie trotzdem fantastisch
sind. Ich hab ihr schon diverse Male über die Schulter geguckt, und das zuhause
nachgebraten, aber so wie bei meiner Mama werden sie nie. Wie macht sie das?
Murmelt sie noch einen geheimen magischen Spruch hinein „Werdet knusprig und
kartoffelig! Abakadrabra!“. Jedenfalls, ich muß dann mit Speck nacharbeiten. Mit
Speck sind Bratkartoffeln natürlich kein Problem. Pellkartoffeln nehmen, und
nicht an der Zwiebel sparen.
Spiegel. Ich war mit der kunstsinnigen Alex in Madrid und habe mit ihr Las
Meninas gesehen. Ein wenig verstehe ich auch von bildender Kunst. Es gibt Gemälde,
die sind berühmt, aber völlig uninteressant (Mona Lisa). Dann gibt es aber
Gemälde, die ihr unbedingt im Original sehen müßt. Ihr müßt die Sixtinische
Madonna in Dresden sehen, auch wenn 50 Japaner davorstehen. Die Nachtwache
könnt ihr euch schenken, weil Rembrandt einfach ein schlimmes One-Trick-Pony
ist. Aber was ihr auf jeden Fall sehen müßt, und unbedingt im Original, das ist
Las Meninas von Velasquez. Es wird euch etwas über die Realität verraten, was
ihr bislang noch nicht wußtet. Es gibt den berühmten Aufsatz von Foucault über
das Bild, aber das ist natürlich längst nicht alles. Das Entscheidende ist
natürlich der Spiegel (deshalb hier). Ihr seht euch im Spiegel, aber das seid
nicht ihr, die im Spiegel gespiegelt werden, natürlich nicht, sondern das
Königspaar? Und was ist mit der kleinen Thronfolgerin? Vielleicht gibt es
schönere, ergreifendere Gemälde als Las Meninas. Aber bestimmt ist kaum ein Bild
so intelligent. Die beiden berühmten Kreuzlinien (1: untere Ecke des Gemäldes,
Gesicht der Thronfolgerin, Hoffräulein, Figuren im Hintergrund. 2:
Malergesicht, Gesicht der Thronfolgerin, Fuß auf Schäferhund) – warum? Was
„bedeuten“ sie? Und natürlich die Figur im Hintergrund, die die Szene verläßt. Wieso?
Besonders faszinierend ist auch, dass es ein Bild im Bild ist, aber (im
Gegensatz zu van Eycks Arnolfini) dieses Verhältnis wird gestört, weil die
kleine Thronfolgerin eben nicht gespiegelt wird, obwohl sie die Hauptfigur ist.
Moment, ist sie Hauptfigur? Das ist irritierend, gar durcheinander. Und dann
wandert der Blick wieder zu zum Königspaar. Wenn man es vergrößert (oder im
Original sieht!), erkennt man, wie unscharf die beiden gemalt sind. Als wäre
ihr Anblick eine unübersteigbare Grenze, und hinter dem Spiegel ist nichts. Oder,
wie Slavoj Zizek schrieb: „Es gibt nichts jenseits der Grenze, oder genauer
gesagt, was jenseits von ihr liegt, fällt mir der Grenze selbst zusammen.“ Fahrt
nach Madrid und schaut es euch an.
Und noch ein Spiegel, das ist allerdings jetzt ein harter Bruch. Ich habe ihn eingesteckt, als ich
bei Uhren Thomas in Charlottenburg Kunde war, um eine alte Uhr zu reparieren.
Es ist ein kleiner Taschenspiegel, bemerkenswert ist aber vor allem seine
Rückseite.
Abgesehen vom ungelenkigsten Reim der Weltgeschichte
stimmt natürlich alles an diesem Ding. Und vor allem:1000 Berlin 10. Geht mal
in diesen Laden. Da ist die Zeit stehengeblieben, was vor allem deshalb so
verblüfffend ist, weil dort viele hundert Uhren vernehmlich vor sich hin
tickern. Verblüffend, wie man ausgerechnet in einem Uhrenladen eine Zeitreise
unternehmen kann. 40 Jahre zurück, nach 1000 Berlin 10. Da kommt ihr auch
schneller hin als nach Madrid.
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