Freitag, 16. September 2016

S52 – Siegel, Signal etc.

Siegel. Die Siegelkunde heißt Sphragistik und zählt zu den Hilfswissenschaften der Historie. Eine ganz außerordentlich langweilige Hilfswissenschaft, muß man dazu sagen. Die frühesten Siegel, sog. Rollsiegel, sind 3.000 Jahre v.Chr. in Sumer belegt. Siegel hat es also schon immer gegeben. Seit mehr als 3.000 Jahren gibt es Siegelringe. Immerhin, das ist jetzt nicht völlig langweilig, unterscheiden sich die Wachsfarben:

Rot: Kaiser, Könige
Grün: Stifte und Klöster
Weiß: Reichsstädte
Schwarz: der Patriach von Jerusalem sowie die Großmeister der Ritterorden


Signal. In der Illustration wird die Signalstation als Semaphor bezeichnet. Ich glaube, das ist nur so halbrichtig. Semaphoren sind vor allem optische Telegrafen. Und das ist eine interessante Geschichte. Dazu darf man nicht vergessen, dass die Nachrichten nur so schnell wie ihre Trägermedien sind. Wenn man sich mit Alpha Centauri per Funk, Handy oder Lichtzeichen unterhält, dann erfährt man von dort auch nur den 4 Jahre alten Quatsch. Zu Anfang des 19 Jahrhunderts hatten Nachrichten maximal Kutschengeschwindigkeit, und Interkontinentales schlich in Segelschiffgeschwindigkeit über die Ozeane: Die Nachrichten über die Gewinner der Oscar-Verleihung 1838 benötigten 15 Tage für die Überfahrt. Eine echte Gleichzeitigkeit gab es erst durch den Telegraphen bzw. durch die Verlegung von Überseekabeln.

Eine weitestgehend vergessene Episode zwischen den berittenen Boten und den surrenden Telegraphendrähten waren die Semaphoren: optische Telegraphen. Dabei werden die Nachrichten bei der Senderstation von Telegrafenarmen an Signalmasten angezeigt, die von der Empfängerstation per Fernrohr gelesen wurden. Es gab sogar in Deutschland eine Linie, nämlich den Preußischen Optischen Telegraph von Berlin bis nach Koblenz im Jahr 1832. Es waren nur 62 Stationen notwendig, um die 550km zu überbrücken, die Strecke folgt dabei ungefähr der heutigen A2. Das Zeigertelegraphalphabet ist sehr hübsch, hier:

Altes preußisches Internet



Gut, es funktioniert nur im Tageslicht und auch nicht, wenn es regnet oder neblig ist. Das Zeitzeichen wurde dabei innerhalb einer Minute übertragen, also schaltete man in jeder Sekunde eine Station weiter. Ein normales Zeichen benötigte 7 bis 14 Minuten, bis es die gesamte Strecke durchlaufen hatte. Würde man das Internet auf Semaphoren umstellen, würde ein 140 Zeichen-Tweet von Berlin nach Köln ungefähr eineinhalb Stunden benötigen. Dann wäre er aber auch nur in Köln, und nicht in Hamburg oder Takatukaland. 1849 war dann allerdings Schluß mit dem lustigen Semaphoren: ein Startup-Unternehmen namens Siemens hatte den Zeigertelegraphen erfunden.

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