Schriftsetzen. Also, damit wir das alles verstehen: beim
Handsatz nehme ich die Schrifttypen aus dem Setzkasten und setze sie in den
Winkelhaken. Mehrere Zeilen aus den Winkelhaken landen dann im Setzschiff. Dort
wird die Kolumne mit dem Schließzeug fixiert. Das ist dadann die geschlossene
Form. Dabei ist darauf unbedingt zu achten, dass die Zeilen gleichlang sind,
weil sonst Typen herausfallen. Das alles ist natürlich märchenhaft umständlich.
Im Prinzip ist das alles reiner Gutenberg. Der nächste Entwicklungsschritt war
die Typensetzmaschine, bei der man die Auswahl der Buchstaben über eine
Tastatur durchführte. Leider keine gute Idee, weil die Maschinensteuerung nicht
fein genug für das penible Setzen ist. Und damit dann Auftritt der
Linotype-Maschinen. Im Prinzip sind die ersten Schritte wie bei einer
Typensetzmaschine, aber es wird mit Matrizen (=negative Buchstaben) gesetzt und
anschließend der Satz dann mit Blei ausgegossen, was die Sache erheblich
stabilisiert. Damit hat man dann 6.000 bis 10.000 Zeichen pro Stunde
hinbekommen, also zwischen 100 und 160 Zeichen pro Minute. Das ist immerhin nur
halb so langsam wie ein geübter Maschinenschreiber. Damit war erst einmal lange
Zeit ein technischer Reifegrad erreicht. Weiter ging es dann mit der Ablösung
von Blei durch Filme, und ab 1985 war es dann soweit: das DTP erreichte den
Druck, zuerst als Vorstufe zur Filmentwicklung und schließlich dann als
Digitaldruckverfahren: das Eingabegerät kann direkt vor der Druckeinheit
stehen. Damit war es mit dem Satz vorbei.
Hinsetzen. Gerade wenn es sich um elementare Worte
handelt, ist Sprache oftmals schwer zu verstehen. So ist es kein Problem im
Deutschen, „Ich setze die Blumenvase hin“ und „Ich setze mich hin“ zu sagen.
Etwas-Setzen und Hin-Setzen teilen sich das Wort Setzen wie zwei
Soziologiestudenten in einer WG das Geschirrtuch. Der Engländer sieht das
völlig anders – hier wäre es „put the flower vase.“ - Im Französischen ist es so: ein Kind setzt sich „mettre“, ein Erwachsener hingegen
„planter“. Die Blumenvase wäre aber wiederum „mettre“, was zeigt, daß die
niedlichen französischen Kinder sprachlich einer Vase näher stehen als dem
Erwachsenensein. Ja, nur solche Leute schreiben eine verlorene Zeit.
Sextant. Es gab vor einiger Zeit mal einen Papp-Sextanten
zum Selberbasteln. Interessantes Gerät. Beim Selberzusammenbauen kapiert auch
die Funktion viel besser. Prinzipiell ist ein Sextant nur ein Winkelmesser. Man
schaut durch das Okular und hat ein zweigeteiltes Bild – so kann man dann die
Sonne, den Mond, was auch immer durch Verschieben der Alkibiade (das ist der
Hebel) auf eine Linie setzen und dann den Winkel ablesen. Ich hab es einmal mit
dem Hochhaus schräg gegenüber probiert: Sextant auf die Spitze fixiert,
Entfernung bei Google rausgesucht und (NATÜRLICH MIT DEM RECHENSCHIEBER) mit
dem Tangens die Höhe bestimmt – stimmte auf 2m genau. Gar nicht schlecht. - - - Mancher Leser mag einwenden, daß in diesem Blog viel zu sehr über diesen alten Krempel steht. Kann sein. Aber mit Hilfe des Sextanten wurden die Sieben Meere befahren und neue Kontinente entdeckt. Auf Schiffen, die mit Hilfe von Rechenschiebern konstruiert wurden. Die Anleitungen von Sextant und Rechenschieber wurden im Bleisatz gedruckt. Vergeßt nicht: die Welt, die Ihr da draußen seht, die wurde mit mechanischen und elektrischen Geräten gebaut. Nicht mit digitalen Rechnern. Wenn ihr durch eine durchschnittliche Berliner Straße geht, dürften ungefähr 60-80% der Häuser statisch mit Rechenschieber berechnet worden sein. Kleinen Linealen, die sich ineinander verschieben. Das gilt auch für nahezu 95% der Brücken, die ihr in Berlin überquert. Die Oberbaumbrücke wurde nicht an einem MacBook entworfen.
Senf. Den besten Senf überhaupt gibt’s aus meiner Geburtsstadt, den
Schwerter Senf. In Berlin kann man ihn bei Goldhahn & Sampson und bei
Manufactum kaufen. Ich wäre von diesen wunderbaren Senfen komplett abgeschnitten, wenn nicht Frau Wucht (ihr
erreicht ihren sehr unterhaltsamen Twitterstream, wenn ihr Wucht und Twitter in
eure Linotype tippt) mich nicht zuverlässig mit Schwerter Senf versorgt, und zwar mit den besten Sorten mittelscharf und
scharf. Ok, er kostet das Zehnfache vom Discountersenf, aber er ist hundertmal so lecker. Damit adelt ihr jede
Rostbratwurst! - Update: ja, erst gestern habe ich mit Erica (die Frau aus der dramatischen Klinkengeschichte K32) eine Rostbratwurst mit Schwerter Senf gefuttert, und wir meinten dann auch gemeinsam: "Echt lecker, der Senf, aber wirklich."
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