Schattenbild. Das
Schattenbild gibt mir Gelegenheit, ein wenig über den Scherenschnitt zu
plaudern. Die große Zeit des Scherenschnitts war die Goethezeit. Es ist schier
unglaublich, und auch wahnsinnig schön, was man damals zusammenschnitt. Eine
der bekannten Scherenschneiderinnen ist Adele Schopenhauer, die Schwester von
Arthur. Bildergoogelt mal Scherenschnitt & Schopenhauer. Wahnsinn, nicht?
Was für eine ruhige Hand man dafür haben müßte! Adele verliebte sich, zusammen
mit ihrer besten Freundin Ottilie (der späteren Schwiegertochter Goethes) in
den Wirren der napoleonischen Kriege in einen gewissen Ferdinand Heinke, den
sie angeblich verletzt in einem Weimarer Park aufsammelten und gesundpflegten.
Ottilie war bildhübsch, Adele war angeblich sehr häßlich. Nun – irgendwann
mußte Ferdinand Weimar und Mädchen verlassen, tränenreicher Abschied, aber
seine zweite Tochter nannte er Ottilie. Adele hingegen bleibt jahrzehntelang
unglücklich in Ferdinand verliebt und schnitt stattdessen wunderschöne
Scherenschnitte. Immerhin hatte sie einen Bruder, der erstmals philosophisch
bewies, daß die Welt ein verlaustes Dreckloch ist. – Es gibt übrigens einen
deutschen Scherenschnittverein. Gegründet 1995, also ungefähr so alt wie das
Internet. Die Webseite ist überraschend frisch und künstlerisch. Es gibt auch
eine App. Die Vereinszeitschrift heißt „Schwarz auf weiß“.
Schaukel und Wippe. Den
eindeutig größeren Thrill bietet ja eindeutig die Schaukel. Toll fand ich es
dann immer, wenn ich so hoch schaukelte, daß ich am höchsten Punkt des
Rückschaukelns über den Balken sehen konnte. Dabei stellt sich natürlich die
Frage, ob es möglich ist, einen Überschlag hinzuschaukeln. Die Antwort lautet:
ja. Aus eigener Kraft geht es aber nur bei einer Schaukel mit festen Stangen.
Bei einer Schaukel mit Seilen würde bei schrittweiser Erhöhung des Schwungs die
Zentrifugalkraft in einem Punkt über 90° nicht ausreichen und die Schaukel
einfach nach unten fallen. Ein Überschlag bei einer Seilschaukel funktioniert
nur, wenn ein Anschwung von außen so stark ist, daß man in einem einzigen Schwung
sich überschlägt. Dafür braucht man, liebe Mädchen, einen sehr, sehr starken
Freund: „Gib mir Anschwung!“ – Eine sehr verschwommene und verlaufene
Erinnerung zeigt mir eine Gitterschaukel, wie oben abgebildet, die an unserer
alten Teppichschaukel hing. Mit etwas sachten Anschwung bin ich wohl auf diese
Weise in die Welt hineingeschaukelt. – Wippen ist langweilig, nicht? Außerdem
habe ich mir als Junge dort mal sehr arg wehgetan. Als Junge, versteht ihr?
Nein, ich bin in der Schaukelgang. - Noch nicht modern zu Brockhaus-Zeiten war die
Hollywoodschaukel. Unsere Nachbarn hatten eine. Ich finde, eine
Hollywoodschaukel ist das am meisten unpraktische Möbelstück der Welt. Außerdem
bin ich so dermaßen seekrankanfällig, daß mir sogar auf einer Hollywoodschaukel
flau wird. – Ich habe jetzt lange gezögert, das zu gestehen, weil Übelkeit auf
Hollywoodschaukeln vielleicht nicht das ist, was man von einem heldenhaften und
unerschrockenen Brockhausinterpreten erwartet.
(Nachtrag 12.6.: Bettina hat dringend nach der "Teppichschaukel" gefragt:
(Nachtrag 12.6.: Bettina hat dringend nach der "Teppichschaukel" gefragt:
Die Teppichschaukel war schlicht und ergreifend die
Schaukel, die an der Teppichstange hing. Man könnte jetzt einwenden,
möglicherweise hätten wir die Teppiche an der Schaukelstange geschlagen, aber
nicht an der Teppichstange geschaukelt. Das ist aber unrichtig, weil die Stange
keine Schaukelhaken hatte. Also war es eine Teppichstange. Links davon stand
ein Essigbaum, rechts davon ein Goldregen. Im Essigbaum haben Amseln gebrütet.)
Schatten. Sterne werfen
keinen Schatten. Sie sind einfach zu funzelig. Angeblich soll es möglich sein,
in einer mondlosen Nacht, in einer Schneelandschaft, ohne andere Lichtquellen,
zum Zeitpunkt ihrer größten Helligkeit einen Schatten der Venus zu sehen. Toll.
Venusschatten.
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