Freitag, 13. Mai 2016

S04 - Sänfte, Sarg etc.



Sänfte. Ich fand Sänften immer schon eine blöde Idee, denn es ist doch klar, daß man viel effektiver Lasten befördert, wenn man Räder unten drunter hat. Allerdings waren die Straßen und Gassen früher in so argen Zustand, daß man sich damals mit Sänften ruckelfreier bewegen konnte. Und das Personal, das kostete damals ja nix. Tatsächlich haben sich Sänften z.B. in Wien bis 1888 halten können, bis sie dann durch die brandneue Innovation des Fiakers (das Nokia der Transporttechnologie) verdrängt wurden. 1888, das hätte ich jetzt wirklich nicht gedacht.



Sarg. „Gönnen Sie sich Holz schon zu Lebzeiten!“ las ich kürzlich auf einem Lastwagen, der Fußbodenbeläge transportierte. Leute, nicht mit negativen Komplexen werben! Richtig: „Fruchti Fruchtsaft – frisch wie die erste Liebe!“ Falsch: „Fruchti Fruchtsaft – viel besser als entzündlicher Brechdurchfall!“- Der schöne Name Taphephobie bezeichnet die Angst, lebendig begraben zu werden. Hans Christian Andersen beispielsweise verwahrte immer einen Zettel auf seinem Nachttisch: „Ich bin nur scheintot“. Allerdings auch irgendwie ein bißchen unlogisch, Herr Andersen, ein bißchen so paradox wie der lügende Kreter. Aber mal Spaß beiseite. Wenn man das sich so vorstellt: man wacht auf, es ist kalt, vollkommen dunkel und still, und wenn man die Hand ausstreckt, stößt man an einen Holzboden – ich finde, das kann einem den Tag schon ziemlich versauen. Wirklich eine schreckliche Vorstellung. Ich denke, ich hab auch so eine kleine taphephobische Neigung.



Sarkophag. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ihr noch nie vom „Allrussischen Institut für Heil- und Aromapflanzen“ gehört habt. Dieses Institut mit dem recht irreführenden Titel ist für die Erhaltung von Lenins Leiche in dem gläsernen Sarkophag zuständig. Alle zwei Wochen kontrollieren zwölf Wissenschaftler den Zustand der Leiche. Alle zwei Jahre wird das Mausoleum für einige Monate geschlossen, damit Lenin wieder in Schuß gebracht werden kann. Dabei bekommt er auch einen neuen Anzug. Damit hätte er bald 50 Anzüge aufgetragen. Und damit möchte ich der ewigen Frage, wo Buddy Hollys Brille jetzt ist, eine weitere Frage hinzufügen: wer trägt heute Lenins alte Anzüge?



Sanitäter. Das ist allerdings eine arg militärische Illustration eines Sanitäters. Der hat ja sogar einen Hund dabei. Solche Rettungshunde stehen immer vor Weihnachten auf der Wilmersdorfer Straße und sammeln Spenden. Aber ziemlich eingebildet sind sie. Rettungshunde sind übrigens hochspezialisiert. Die Rettungshundprüfung ist aufgeteilt in Fläche, Trümmer, Lawine, Wasser und Menschenverfolgen. Ein Flächenhund hat also keine Ahnung von Lawinen. Ein Wasserhund ist bei Trümmern total inkompetent. Dann gibt es noch eine besondere Zusatzqualifikation: Leichenspürhunde. Das allerdings ist kein Bestandteil einer Rettungshundprüfung, weil Rettung ist ja nicht mehr zu erwarten. Aber diese Leichenhunde, die riechen den toten Lenin in Moskau schon hier von Westberlin.

1 Kommentar:

  1. Beim allrussisxchen Institut für Heilpflanzen hab ich gedacht, Ätsch, ich kenn es doch - aber zu früh gefreut, das war wohl doch nicht das legendäre Archiv, dass noch Alb Leisa Linsen Saatgut auf Halde hatte. Das heißt anders, nämlich Wawilow, also weniger glamurös.

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