Freitag, 13. Februar 2015

L02 - Lage





Lage. Nach allerlei Essen und Kuchen werden wir heute endlich mal wieder ernsthaft und wissenschaftlich. Es geht um die Lokaladverbien und Lokalpräpositionen, die hier bunt durcheinanderstehen. Lokaladverbien sind hinten, vorn, oben, unten, links, recht, jenseits, diesseits. Lokalpräpositionen sind vor, hinter, in, aus, auf, an, neben, zwischen, über, auf, unter, jenseits und diesseits. Es gibt allein 107 statische Lokaladverbien. Ich finde es jedesmal faszinierend, in den Maschinenraum der Sprache zu steigen und nachzuschauen, wie das alles funktioniert. Die Zylinderkopfdichtungen, das Hinterraddifferential, das Planetengetriebe und die Kurbelwelle. Adverbien und Präpositionen sind ein wenig wie Schrauben, mit denen der ganze Klumpatsch zusammengehalten wird. Und damit man die Zündkerzen nicht verkehrt reindreht, zeigen Wechselpräpositionen durch den Kasus an, ob sie statisch oder dynamisch sind. Wir fahren in den Wald. Wir küssen uns im Wald. Sehr heißer Scheiß sind die Lokalpräpositionen bei Ländernamen: hat das Land einen festen Artikel, dann heißt es in, sonst nach. Wir fahren nach Frankreich und dann in die Schweiz. Und dann fliegen wir nach Iran und in den Iran.



Drollig in der Illustration die Würfel. Aber besser kann man es auch nicht zeichnen. Sogar die Würfelzahlen sind korrekt.



Interessant, daß das Lokaladverb „Hier“ fehlt. Ich denke, das ist schwer zu zeichnen. Man hätte einen Beobachter zeichnen müssen, und aus seiner Sicht das Hier eintragen und das Dort. Zumindest bislang haben wir noch keinen sichtbaren Beobachter in den Brockhaus-Illustrationen gehabt. Das ist wohl auch ziemlich selten in der bildenden Kunst geschehen, mir fallen da van Eyck und natürlich Velasquez ein. Auf Hier kann man sich genau so wie Jetzt (Temporaladverb) auch überhaupt nicht verlassen, genau so wenig wie auf rechts, links, hinten, vorn undsoweiter. Kaum dreht man sich um, ist schon alles anders. Jetzt ist zwar immer, aber immer auch schon vorbei. Oder wie es Hegel auf seine unnachahmlich fluffige Art ausdrückte: „Diese reine Unmittelbarkeit geht also das Anderssein des Hier als Baum, welches in ein Hier, das Nichtbaum ist, das Anderssein des Jetzt als Tages, das in ein Jetzt, das Nacht ist, übergeht, oder ein anderes Ich, dem etwas anderes Gegenstand ist, nichts mehr an.“



Ja, die Lage ist unübersichtlich.

2 Kommentare:

  1. "Auf Hier kann man sich genau so wie Jetzt (Temporaladverb) auch überhaupt nicht verlassen, genau so wenig wie auf rechts, links, hinten, vorn undsoweiter. Kaum dreht man sich um, ist schon alles anders."
    Wie praktisch haben es da die Guugu Yimithirr: Sie benutzen "ein räumliches Vokabular, das sich an den Himmelsrichtungen orientiert" (http://www.zeit.de/2005/01/B-Sprache)

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  2. Ja, Sie haben recht, das gibt es vereinzelt bei Naturvölkern, die nur absolute Lokaladverbien verwenden. Da muß man aber jederzeit wissen, wo der kleine Nordstern steht (kratzt sich mit seiner östlichen Hand am Kopf).

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