Freitag, 22. August 2014

K13 - Kartoffel, Kartei




(So, jetzt wurde der Vertrieb des gedruckten Brockhaus endgültig eingestellt. Wir machen hier natürlich tapfer weiter und stemmen uns gegen den Untergang! Brockhaus für immer!)



Kartoffel. Die Kartoffelwaage stellte mich erst einmal vor Rätsel – bis ich herausgefunden habe, um was für ein Gerät es sich hier handelt: es dient zur Ermittlung des Stärkegehalts der Kartoffeln. Sie werden einmal normal und einmal unter Wasser gewogen. Der Stärkegehalt verändert den Auftrieb der Kartoffeln. Als ich klein war, haben meine Eltern und Großeltern tatsächlich Kartoffeln zentnerweise eingekauft, und dann im „Kartoffelschoß“ im Keller eingelagert. Irgendwann nahmen aber die Keime überhand, und dann hieß es, „die Kartoffeln sind nichts mehr“, aber meistens waren dann ohnehin nur noch ein paar Schaufeln übrig. Und tatsächlich hießen die Herbstferien bei den Alten sogar noch „Kartoffelferien“. Das ist mir allerdings erspart geblieben – bei der Kartoffelernte mitzuhelfen.



Kartei. Das ist natürlich faszinierend. Wir sind von unseren Computern so verwöhnt, daß man kaum noch mit gedruckten Karteien zu tun hat. Das war ja das Faszinierende an den alten Bibliothekskatalogen: Alphabetischer Katalog und Schlagwort-Katalog, hölzerne Karteikästen in langen Reihen, Papiergeruch. Kallimachos von Kyrena, der Autor des ersten Bibliothekskatalogs der Welt in Alexandria, sortierte seine Autoren zuerst nach Sachgebieten, dann alphabetisch nach Autoren und die Werke eines Autors dann zeitlich. Klingt alles selbstverständlich, aber darauf muß man auch erst einmal kommen. Jede Kartei ist ein Umsortieren. Die Welt an sich ist nicht alphabetisch sortiert. Die Dinge geschehen hintereinander, nicht alphabetisch. Die Menschen wohnen nicht alphabetisch nach Nachnamen sortiert nebeneinander. - Früher einmal habe ich Adressen in ein kleines Notizbuch übertragen. Zu jedem Jahresbeginn übertrug ich die Adressen, die ich noch benutzen wollte, in das neue Notizbuch. Das war dann gleichzeitig eine Entscheidung über die Fortführung der Bekanntschaft beziehungsweise über ihren Verlust. Das alles hat jetzt Outlook übernommen, nur lösche ich da nie etwas. Früher hatte ich eine analoge Adreßkartei, die stets aktuell war, mit Namen von Leuten, die jederzeit für mich Umzugskartons getragen hätten. Jetzt habe ich eine digitale Kontaktdatenbank voller Zombies und Leuten, denen nimmermehr einfallen würde, wer ich eigentlich war.  - Die hier abgebildete Buchkartei ist mir auch in der Funktionsweise nicht ganz klar. Es scheinen Karteikarten zu sein, die versetzt eingeheftet sind und dann umgeklappt werden. Völig rätselhaft ist die Stange (?) auf der rechten Seite. Auch bei höchster Vergrößerung des Originalscans werde ich nicht schlau aus dieser Karteitechnik. – Fast die einzige verbliebende Anwendung von Karteikarten sind Vokabel-Lernkarten, aber dafür gibt’s natürlich auch schon Apps. Badekappen, Hotelboys (vom letztenmal, K9), Brockhaus, Karteien, alles verschwindet, nur die Kartoffel, die bleibt.

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