Freitag, 9. Mai 2014

K02 - Kaffee, Kaffeetisch





Kaffee. Eine milde Nacht unter tausenden Sternen. Kaldi und Ibrahim, zwei äthiopische Ziegenhirten, hocken an einem kleinen Lagerfeuer und beobachten ihre Ziegenherde. Während ein Teil der Ziegen ruhig und gemütlich schläft, springen andere Ziegen wild und aufgeregt hin und her. Ibrahim meint, das könnte an den roten Früchten liegen, die einige Ziegen von diesen Sträuchern gefressen haben, die nur in dieser Gegend wachsen. Kaldi denkt nach. Am nächsten Tag reißen sie Früchte von diesen Sträuchern ab und geben sie einem Teil der Ziegen zu fressen. Den anderen Teil der Ziegen halten sie von den Sträuchern weg. In der nächsten Nacht beobachten sie die Ziegen, denen sie die roten Früchte gegeben haben. Die anderen schlafen. – Das hat sich im Jahr 960 in der äthiopischen Provinz Kaffa zugetragen. - In Berlin gab es ab Anfang des 19. Jahrhunderts aus Konzessionsgründen die merkwürdige Einrichtung, daß Gartenrestaurants heißes Wasser und Geschirr abgaben, aber man sich den Kaffee selbst mitbringen konnte. „Hier können Familien Kaffee kochen“ hieß dazu der Slogan, der sich bis ins 20. Jahrhundert gehalten hat.



Kaffeetisch. Der hier abgebildete Kaffeetisch scheint mir etwas unentschlossen zwischen Frühstück und Nachmittagskaffee zu schwanken. Es gibt einen Brotkorb und eine Käseglocke, aber auch eine Kuchenplatte mit Torte. Oder gibt es gar Gegenden, in denen die Kaffeetafel gemischt süß und herzhaft ist. Sachertorte und Eierbecher? Das erinnert mich natürlich auch an die Kaffetafel bei meiner Oma. Ich saß immer links auf dem Sofa, rechts von mir mein Vetter Reinhard, der sich ausschließlich mit der Erdbeertorte beschäftigte, bis meine Tante ihn auf weniger geschätzte Kuchen zurechtwies. Mein Opa machte immer eine Butterkremtorte, für die ich mich auch nicht so recht erwärmen konnte, oder eine Mokkatorte mit Kaffeebohnen. Jedenfalls konnte man davon auch nicht sechs Stück essen. Das waren noch die Zeiten, als Tanten zum Geburtstagskuchenessen ein Paket Bohnenkaffee mitbrachten. Und Bohnenkaffee noch kein Pleonasmus war (dasselbe Schicksal wie Blue Jeans). Weiter fest gesetzt, in abwechselnder Reihenfolge, war die Schwarzwälder Kirschtorte, der holländische Apfelkuchen, der Apfelboden mit gekreuztem Gitter, der Nußkuchen (ebenfalls ein Vetterfavorit), der Frankfurter Kranz und Windbeutel mit Sahne. Hinzu kamen saisonale Obsttorten wie die schon erwähnte Erdbeertorte von Ende Juni bis August, das gleiche mit Kirschen, mit Pfirsichen, natürlich mit Pflaumen und leider auch mit Stachelbeeren, den wir Kinder immer mieden, weil wir schon nicht einmal die Beeren vom Strauch klauten, nicht wegen der Stacheln, sondern weil Stachelbeeren doof schmecken und sogar Haare drauf sind. Beeren mit Haaren, also nee. Von Zeit zu Zeit gab es dann aber auch Kucheninnovationen, die sich ihren Weg auf die Kaffeetafel bahnten. Zum Beispiel die Flockensahne, die sich rasch etablierte und am Anfang noch Flockensahnetorte geheißen hatte. Sie war lecker genug, daß mein Vetter seinen Erdbeertortenhunger auf drei Stück rationierte, um genügend Platz für die riesigen Flockensahnestücke zu haben. Anschließend sind wir dann auf den „Hof“ gegangen und haben Fußball gespielt (H24). – Wenn wir bei Z angekommen sind, werde ich hier meine komplette Kindheit im Brockhaus wiedergefunden haben. Hier können Familien Kuchen essen.

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