Kaktus. Der
Kakteenständer ist mir ein ziemliches Rätsel. Das sind doch einige
zusammengenagelte Bretter, auf die man einige Kaktustöpfe stellen würde. Oder
auch was anderes. Sehr merkwürdig, das eine Illustration wert zu finden. Oder
aber so ein Kakteenständer war 1952 der heißeste Scheiß, und ohne so ein Ding
war man unmodisch und retro. Wie hat man übrigens 1952 gesagt, wenn jemand
oldstyle war: „Ey, du bist ja voll zweiter Weltkrieg“? Aber wahrscheinlich
hatte man ein kleines hübsches Wort dafür, z.B. „altbacken“. Altbackener
Backfisch, so hat man sich 1952 gedisst.
Kalabreser. Wir erinnern
uns bei H34 (Hut) an Hartwig Gottwald und seiner rührigen „Arbeitsgemeinschaft
Hut“. Hierzu noch einen Nachtrag. Der SPIEGEL OFFLINE berichtet im Juni 1984, also
vor ziemlich genau 30 Jahren, die Zeit des Hutniedergangs sei endlich vorbei.
Die Hutmacher verzeichneten ein Umsatzplus von 50%. Udo Lindenberg, Prinzessin
Di und Joan Collins seien die stylischen Vorreiter der Hutrenaissance. Fred
Meijer, der Nachfolger von Hartwig Gottwald, frohlockte: „Wenn Frauen sich
schon jung daran gewöhnen, daß was auf dem Kopf getragen wird, dann bleiben sie
eher bei der Stange.“ Wir von der „Arbeitsgemeinschaft Mütze“, wir lachen darüber.
Kalebasse. Entscheidend,
ob es sich um eine Kalebasse handelt, ist die Herkunft des Materials: sie muß
aus einem Flaschenkürbis hergestellt sein. Traditionell wird ostafrikanisches
Bier, etwa das Bananenbier Pombe, in Kalebassen ausgeschenkt. Ebenfalls das
sudanesische Merisa, ein Hirsebier. Es wird getrunken, wenn ein böser Geist
erscheint, wenn Freundschaften geschlossen werden und Feindschaften begraben
werden. Eigentlich wird es immer getrunken. Die Berti, eine kleinere
Volksgruppe aus dieser Gegend, werden bisweilen von Habboaba befallen, das ist der böse Geist der Großmutter. Das
Gegenmittel besteht aus – genau, Merisabier vermischt mit Zwiebelsaft.
Angeblich ist das alles, sogar in Kalebassen, in Berliner hochgentrifizierten
Lokalen erhältlich, da werde ich es mal ausprobieren, wenn mich der böse Geist
der Großmutter überfällt.
Kalender.
Mit einer starken Lupe kann man bei dem abgebildeten Kalender Monat und Jahr
erkennen: es handelt sich um den Mai 1934. Allerdings war der erste in der
Woche angezeigte 3. Mai kein Montag, sondern ein Donnerstag. Das ist schon eine
kleine Nachlässigkeit.Vielleicht hat der Illustrator es im September 1934
gezeichnet, und dann fiel ihm auf, nur für „Mai“ Platz zu haben. – Beim
Abreißkalender stimmt wiederum alles – der 1. April war 1934 ein Montag,
übrigens auch in diesem Jahr, 2014, wie ich erfreut feststelle. Mein
Geburtstagskumpel Thomas Mann hat auch immer Tages-Abreißkalender benutzt, und
da ist es für mich natürlich eine Ehrensache. In seinen Tagebüchern beschreibt
er, wie er den Kalender aufhängt, die ersten Deckblätter abreißt und damit in
Betrieb nimmt. Das schöne Gefühl vergehender Zeit. Ich empfehle die Produkte
der Fa. Brunnen, da ist die Typo am schönsten. Auf der Rückseite stehen kurze
Texte, die wohl auch nur alle 50 Jahre redaktionell überarbeitet werden:
Anekdoten über vergessene Berühmtheiten, veraltete Haushaltstipps, sagenhaft
schlechte Witze und am heutigen Tag die Rubrik Frage und Antwort: „Warum heulen
Wölfe?“ (Antwort: „um sich gegenseitig und anderen Rudeln Mitteilungen zu
machen.“ Wahrscheinlich haben die Wölfe E-Mail erfunden.) – Büroorganisatorisch
hat sich für mich ein Buchkalender, aber gebunden und nicht gelocht wie hier,
als überlegenes Aufschreibesystem bewährt. Als Aufschreibesystem, wohlgemerkt,
nicht als Terminnotierungssystem, weil gegen Outlook und Konsorten kein Kraut
gewachsen ist. Ein analoges Aufschreibesystem hat ja den Nachteil, daß es immer
nur nach einem Kriterium indiziert ist, also entweder das Datum oder den
Sachinhalt. Bei mir sind das Projekte, bei einem Architekten wären es Adressen,
was hübsch ist, weil sich die Arbeit dann nach Raum und Zeit sortiert. Dennoch
finde ich zur Organisation nach Datum sinnvoller. Man schreibt halt am Freitag
auf, was man am Montag machen muß. Hätten die Erbauer des BER das beherzigt und
mein schönes rotes Moleskine benutzt, würde man längst von dort nach Madeira,
Acapulco und Papeete starten, ein erlesenes Publikum, das keine Reisetaschen,
sondern Hüte in die Ablage über den Sitzen legt. - Neue Aufschreibesysteme wie
ein iPad haben den außerdem Nachteil, daß Digitales so schnell zu Schall und
Rauch und Wolfsgeheule wird. Papier bleibt. Kalender 2014. Brockhaus 1952.
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