Herd. Die glückliche
lexikalische Fügung will es, dass nach der zweifelhaften Küchen-Heizungsanlage
nun der Herd drankommt. Als ich sehr klein war, hatten wir einen Kohlenherd.
Die Außenflächen waren weiß emailliert, aber die Oberfläche des Herdes war eine
glattpolierte, schwere glänzende Metallplatte. Ein Ofenring, den man mit einem
Haken herausnehmen konnte, verschloß eine kreisrunde Öffnung und darunter war
das Feuer. Es war mir strengstens verboten, auf die Herdfläche zu fassen.
Selbst wenn der Herd aus war, traute ich mich das nur, wenn meine Mutter nicht
dabei war, und zuerst tippte ich nur ganz kurz auf die Fläche, mit den
Fingerspitzen, bevor ich es dann wagte, die ganze Hand auf die verbotene Fläche
zu legen. Meine Güte, das klingt alles so lange her wie Theodor Storm. Ich
spreche aber vom Jahr 1970 und die Beatles haben sich gerade getrennt. - Der
Herd war auch die Küchenheizung und bullerte gemütlich vor sich hin. Klare
frühkindliche Gemütlichkeitsprägung für mich: bis heute sitze ich am liebsten
in meiner eigenen und fremden Küchen herum. Nur Kohleherd, das muß nicht mehr
sein. Laut Familienlegende hat einmal mein Vater den Ofen, der bei Ostwind
schlecht zog, mit Spiritus anzuheizen versucht und damit gleich auch meinen
Laufstall angezündet. Heizen und Kochen war offenbar damals so mühevoll und
gefährlich wie heute ein mehrwöchiger Rucksacktrip durch Afrika. - Das
abgebildete Wasserschiff war mir neu; man kann es aber auch heute noch
problemlos online bestellen. Tatsächlich gibt es ja auch noch eine Handvoll
Kohleherdhersteller.
Henkel. Das Lemma
„Henkel“ ist eines der wenigen Begriffe, der es in der geschwätzigen Wikipedia
auf nur fünf Zeilen bringt. Der hier abgebildete Mondhenkel stammt von
bronzezeitlichen Gefäßen. Ich weiß allerdings nicht, wofür die Nippel gut sind.
Vielleicht hatte man in der Bronzezeit immer fettige Finger? – Der Soziologe
Georg Simmel hat mal einen Aufsatz über den Henkel geschrieben. Denn der Henkel
ist es, der über die „inselhafte Unberührsamkeit“ des Kunstwerkes hinausgeht.
Es sei das Prinzip des Henkels, der Vermittler des Kunstwerkes zur Welt zu
sein. Also zwischen uns und reinen Vase, da steckt der Henkel. Interessant.
Damit haben wir jetzt Wikipedia auch deutlich geschlagen.
Herme. Wir bleiben in der
Kunst. Es handelt sich um eine Herme, wenn unten Pfeiler ist und oben Kopf mit
oder ohne Schultern. Ärmchen gehen nur, wenn sie vor dem Oberkörper gekreuzt
sind. Und jetzt was für Küchengespräche auf Partys, zum Angeben: eine
weibliche Herme, die nennt man Karyatidherme. Karyatidherme! Damit bringt man
gelackte Aufschneider zum Schweigen. Allerdings sollte man nicht zu viel Bier
intus haben, sonst spricht man das wie Kariestittenhenne heraus.
Übrigens wird ein solcher Küchenherd auch gerne "Kochmaschine" genannt. Finde ich eine wunderbare Bezeichnung, weil sie nämlich von der Arbeit zeugt, die die Führung eines Haushalts bedeutet.
AntwortenLöschen