Freitag, 23. August 2013

B61 - Bühne




Bühne. Wieder ein schönes Überblicksbild. Wenn man einmal Schauspiel und Kino gegenüberstellt: das Theater hat den Vorteil, mit echten Personen aus Fleisch und Blut zu agieren, aber das Handicap, daß die Umgebung auf Pappen und Bretter gemalt wird, die von einem Dachboden abgeseilt werden. Im Kino sieht hingegen wirken die Schauplätze echt (auch wenn Spanien mal Texas spielen muß), aber es sind keine richtigen Menschen in einer Aufführung, sondern es sind nur Lichtspiele. Das klingt jetzt alles vielleicht nur deshalb so banal, weil es so selbstverständlich ist (das Erstaunen der Ethnologen über seltsame Verwandtschaftssysteme, die den Erforschten banal und selbstverständlich sind), aber ich finde, es ist sehr besonders, diese Kombination aus Vorstellungstechnik und Vorstellungskraft. Nicht nur die Schauspieler müssen tun als ob, sondern genau so das Publikum. Es sitzt nicht vor Hamlets Burg, sondern im Stadttheater Hameln. Es ist nicht auf dem Weg in die Walachei, reist nicht durchs Wunderland, sitzt nicht unter einem Baum für Godot. Und wie lächerlich es wirkt, wenn einmal davon abgewichen wird, etwa bei den Karl-May-Festspielen, wenn echte Berge die echten Berge spielen. Ich überlege, welche Kulturtechniken alle darauf angelegt sind, nur dann zu wirken, wenn die Beteiligten so tun, als wäre es als ob. Gewiß Hypnose, aber auch viele Spiele, einige sexuelle Varianten und vielleicht die meisten Künste. Und, kniffliger Fall, die Religion. Oder die ganze Kultur, aber das wäre dann tatsächlich banal. – Interessant auch, welche Maschinen es für die akustische Illusionsmechanik gegeben hat: Windmaschinen, Donnermaschine und die Regenmaschine, das war eine mit Erbsen gefüllte Trommel. Das hier gekennzeichnete Wolkengerät habe ich allerdings in dieser Form nicht gefunden. Und was sollte da herauskommen? Trockeneisnebel? Wasserdampf? - Dazu noch ein überraschender Begriff: Der Eiserne Vorhang ist tatsächlich ein Terminus aus der Bühnentechnik, und seit Ende des 19. Jahrhunderts ist der Eiserne Vorhang aus Brandschutzgründen vorgeschrieben. Verblüffend wiederum ist, daß der Begriff nicht erst in der Nachkriegszeit aus der Bühnensprache in die Politik schwappte (im SPIEGEL z.B. in der 4. Ausgabe 1947), sondern schon zum 1. Weltkrieg, etwa für die Grenze zwischen Belgien und Deutschland. – Als eher gelegentlicher Theatergänger bin ich mir nicht sicher, ob und wie heute noch souffliert wird. Doch gewiß nicht in diesem Kasten? Es gibt doch Bluetooth und WLAN.

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