Freitag, 23. August 2013

B55 - Brille, Brot etc.




Brille. Von 1684 bis 1920 galt als Erfinder der Brille der Florentiner Salvino degli Armati. Dann stellte sich heraus, daß Salvino degli Armati nie gelebt hat. Gefälscht wie Arabisches Reiterfleisch. Urheber der Brillenlüge war ein gewisser Ferdinando Leopoldo del Migliore, der 1684 behauptete, bis vor einigen Jahren sei in der kleinen Kirche Santa Maria Maggiore eine Inschrift auf einem Grabmal gestanden, welches später leider einem Umbau zum Opfer gefallen sei, aber vorher von ihm konnte noch die Inschrift abgeschrieben werden: QVI DIACE SALVINO D'ARMATO DEGLI ARMATI DI FIR. INVENTOR DEGL' OCCHIALI DIO GLI PERDONI LA PECCATA ANNO D.MCCCXVII. (Hier liegt Salvino d’Armato degli Armati aus Florenz, der Erfinder der Augengläser. Möge Gott seine Sünden vergeben. Anno Domini 1317). Alles frei erfunden. Im Jahr 1841 fälschte man sogar noch die Fälschung, indem man eine Marmorplatte mit der betreffenden Inschrift in der Kirche anschraubte. 1920 wurde dann bewiesen, daß diese Darstellung von vorn bis hinten erlogen war. Unter anderem ist das Wort „INVENTOR“ für das 14. Jahrhundert ein Anachronismus. Ja, und als Frage bleibt: Und wo ist Buddy Hollys Brille jetzt?


Brot. Unter den Gebildbroten, wie man das nennt, war schon immer die Schnecke meine Favoritin. Mit Zuckerguß übergossene Rosinen in den Schneckenwindungen, ja. Amerikaner habe ich nie besonders gemocht, wegen des komischen Teigs. Wikipedia berichtet über das ungeklärte paretymologische Dilemma beim „Amerikaner“: entweder handelt es sich um eine Verballhornung von Ammoniumhydrogencarbonat (1), um eine Erfindung von GIs (2), um eine Umtaufe von Black And White Cookies (3) oder um eine Übertragung, die auf dem Brodie-Helm aus dem 1. Weltkrieg beruht(4). Ich bin klar für Lösung (4). Und es gäbe ja „Literaturhinweise“ für die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Ich meine, das ist alles noch nicht so lange her, und schon hat man vergessen, wo dieses Wort herkommt. Wer hat noch einmal gesagt, das Wichtigste an der Kultur sei das Vergessen. Und warum habe ich ausgerechnet vergessen, wer das sagte?


Brotbeutel. Das erinnert mich an die Schule. Schüler, die ein Butterbrot mithatten. Eingeschlagen in Butterbrotpapier. Oder eine Tupperdose mit Apfelstücken. Oder eine Banane, an der ja so praktisch ist, daß sie sich selbst eingepackt hat. Ich glaube, ich hatte höchstens mal in der Grundschule noch ein Pausenbrot mit. Danach konnte ich meine Mutter überzeugen, auch ohne feste Nahrung sechs Stunden auszukommen. Und ich war immer befremdet über diesen riesigen Aufwand mit Tupperdosen, Brotbeuteln, Butterbroten, Hanuta, Duplo und Raider.

2 Kommentare:

  1. An dieser Stelle will ich übrigens etwas ergänzen, das ganz hervorragend zum Thema "Bort" passt. Nämlich den "Ausbund". Denn das ist der Begriff, der den Riss in der Brotrinde bezeichnet, der durch Einschneiden des Teiglings entsteht.

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  2. Christine, das macht wirklich meinen Tag. Dafür gibt es tatsächlich ein Wort! Ausbund! Toll.

    Übrigens: Ihre Domain erinnert mich an meine letzten Hollandferien. Mein Urlaubstagebuch hab ich Pünt-NL getauft, nach etlichen Stunden Radio Veronica, Werbespots aus unverständlichem Holländisch, und dann immer: Pünt-NL.

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