Freitag, 10. März 2017

T29 - Die doofe Turnhalle




Turnhalle. Ich war ein ängstliches Kind. Es gibt ja Kinder, die haben vor nichts und niemanden Angst, ich weiß nicht, ob das so gut ist. Ist es nicht besser, erwachsenmutig als kindermutig zu sein? Mutig mußte ich jedenfalls lernen mit der Zeit. Zwei Ängstlichkeiten der frühen Zeit waren Höhe und unkontrolliertes Drehen bzw. Überschlagen. Damit bin ich in der Turnhalle natürlich genau richtig. Diese Turnhalle sieht auch meiner Grundschulturnhalle sehr ähnlich. Angstschweiß, nicht Anstrengungsschweiß. Nicht bei jedem Teil. Heikel sind natürlich die Kletterstangen und vor allem das Reck. Ich weiß nicht, wie es heute so im Sportunterricht ist, aber zumindest in den ersten Jahren war Turnen beim Sport total überbewertet. Nicht zufällig heißt es ja auch „Turnhalle“. Ich lese nach, daß es immer noch knapp fünf Millionen Turner in Deutschland gibt, das hätte ich nicht gedacht, eher hätte ich gedacht, Turner seien auf dem absteigenden Ast so wie Videotheken oder Briefmarkensammler. Aber nein, seit 20 Jahren sind die Zahlen stabil. Und ich hab jetzt mal eine Meinung: Turnen, das ist echt totaler Quatsch. Turnen ist langweiliger Unsinn. Auch das Zugucken ist total langweilig. Im Grunde ähnelt es dem Eislaufzuschauen: man wartet darauf, wie jemand auf die Nase fliegt. Und als Spitzensport ist es besonders für die Damen heikel, so daß man das Mindestalter von 16 eingeführt hat. Gut, wenn sich auch die Chinesen daran halten. Googelt mal He Kexin. Das Mädchen soll 16 sein. Armes Kind.



Ich allerdings war auch ein armes Kind. Das Reck war echt der Horror. Ich hab immer Probleme mit dem Herumdrehen meiner Person gehabt. Karussell ist nix für mich, Walzertanzen nichts und nicht einmal Purzelbaum. Ich rege mich jetzt ein wenig auf, aber Turnen ist wirklich totaler Unsinn. Harmlos hingegen der „Kasten“. Das mußte man drauf über drüber oder wie auch immer springen. Und dahinter lag dann die Matte. Die Matten, blau, dick, schwer, lagen auf dem Mattenwagen, und mit dem durch die Halle zu fahren (zu „pesen“, wie wir das nannten, ich vermute, das kommt irgendwie von pace), das war richtig toll.



Ein völliges Rätsel ist die hier illustrierte „Lohe“. Die 1974-Ausgabe behält die Illustration weitestgehend bei, aber streicht die Bezeichnung „Lohe“. Auch unter L läßt es sich im Brockhaus nicht nachschlagen. Ist es eine Sandgrube? Aber warum in der Turnhalle? Auch die alten Lexika wie Meyers von 1905 und der Brockhaus von 1902 schweigen. Rätselhaft. Es sind Rindenstücke, ok, aber was haben sie in der Turnhalle zu suchen? Das alles ist gründlich vergessen worden. 

Der "Rundlauf" war nicht in unserer Turnhalle. Es funktioniert so, dass Seile da herunterhängen, an ihrem Ende Strickleitern. Darauf schwingt man sich und kann sich damit im Kreis drehen. Ein Karussell für arme Leute, sozusagen. 



Der Barren hingegen ist wieder so ein wirklich übles Gerät. Und das hat an den falschen Stellen sehr weh getan. Ich lese gerade nach, daß Fabian Hambüchen sich den Barren, an dem er in Rio Gold gewonnen hat , nachhause hat liefern lassen. Ich sage jetzt nichts. Ich bin turnwütend.

Ich habe "Turnhasser" bei Google eingegeben. Das Google schreibt zurück "Stattdessen Ergebnisse für Frauenhasser". Gut, so weit würde ich nicht gehen. Still you turn me on.


Und zum Abschluß, weil sie 1952 noch so unfassbar scharf auf das Turnen sind, hier noch eine Übersicht der völlig überflüssigen Übungen aus dem Brockhaus. Grätschsitz. Das tut weh beim Angucken!



 

1 Kommentar:

  1. Reck geht ja noch -- beim Barren war immer mein Problem, dass ich mich auf eines der blöden Dinger (Holme? Heißen die vielleicht Holme?) konzentriert und daraufhin an dem anderen den Kopf angehauen habe. Ein elendes Gerät.

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