Tugenden. Darauf habe ich mich richtig gefreut, die
Tugenden. Also, es gibt insgesamt sieben Tugenden. Davon sind vier erstmal die
Kardinaltugenden. Die waren schon in Griechenland im 5. Jahrhundert vor
Christus bekannt. Ursprünglich – das ist interessant, war auch die Frömmigkeit
eine Kardinaltugend, aber der schlaue Platon fand heraus, daß fromm irgendwie
doof ist, und hat sie durch die Klugheit ersetzt. Das finde ich eine sehr gute
Idee. Alle Tugenden haben Attribute, damit man sie leichter erkennt.
Interessanterweise ist es bei der Klugheit die schlaue Schlange. Bei der Stärke
ist es die tragende Säule, und bei der Gerechtigkeit, klar, die Waage.
Interessant ist da die Mäßigung: mit Wasserkrug und Wein. Man muß es halt
einfach richtig mischen.
Die christlichen Tugenden gehen angeblich auf die Seligpreisungen
der Bergpredigt zurück, in welcher Jesus die Tugenden auf die Zehn Gebote
zurückbindet. Wie man anschließend auf drei Tugenden kommt, ist mir allerdings
rätselhaft. Zumal es neun Seligpreisungen gibt. Die erste lautet „Selig sind
die, die arm im Geiste sind.“ Demnach wäre Dämlichkeit ja auch eine christliche
Tugend. Und wenn man, liebe Christen, so auf euch zurückblickt, 2000 Jahre,
kann man sagen: das hat ganz gut geklappt.
Der zentrale Unterschied zwischen den 10 Geboten und den Tugenden ist, daß die Gebote ja nur äußerliches Verhalten abdecken, die Tugenden aber sozusagen von innen glühen. Aber so ganz übereinander bekommt man das nicht. Sechstes Gebot, Du sollst nicht ehebrechen. Aber dazu gibt’s keine Tugend. Welche sollte das auch sein? „Ungeilheit“? Gibt es tatsächlich, denn im 4 Jhdt. hat man aus den drei christlichen Tugenden sieben sogenannten Himmelstugenden herausgewickelt, und da gibt es tatsächlich die castitas, das ist die Keuschheit. Leute, ihr habt Sorgen!
Tulpe. Ich bin sozusagen eine floraler Analphabet und
habe deswegen Die Wucht (ihr findet sie über Twitter) nach den Vorteilen von
Tulpen gefragt, weil die immer bei ihr herumstehen. „Weil sie schön sind und
bunt sind und von hier sind“, schreibt sie. Stimmt, da hat sie recht. Rosen im
Winter (Valentinstag!) kommen aus Afrika oder Südamerika, das ist doch der
komplette Horror. Leute, gewöhnt euch mal dran: es gibt nicht immer alles! Desweiteren
führt sie als Tulpenvorteile an, daß es sie in bunten Sträußen zu kaufen gibt
und sie in der Vase weiterwachsen. Ich probiere das Weiterwachsen immer bei
Petersilie aus, aber das klappt nie. Aber als den bezauberndsten Vorteil
erklärt die Wucht jetzt das hier: „Weil sie leicht zu malen sind, auch für
Kinder.“ Stimmt, da hat sie voll recht.
Und natürlich, ja, klar, da muß die Sprache auf die erste
dokumentierte Spekulationsblase der Geschichte kommen, im Jahr 1637. Dazu muß
man wissen: Tulpen lassen sich nicht massenhaft vermehren, denn man ist auf
sog. Tochterzwiebeln angewiesen, und von denen hat eine Tulpe nicht viele.
Angefangen hat es in den 1620er Jahren. Man malte schöne Tulpenbücher, züchtete
neue Sorten, die Preise erhöhten sich und so langsam nahmen Spekulanten die
Witterung auf. Es gibt einen Tulpenzwiebelboom. Zum Höhepunkt 1637 haben sie
wirklich hohlgedreht. Drei Zwiebeln der äußerst seltenen und schönen Semper
Augustus kamen für 30.000 Gulden auf den Markt. Ein Amsterdamer Haus in
allerbester Grachtenlage kostete 10.000 Gulden, das Durchschnittseinkommen lag
bei 150 Gulden. Und dann erfand man sogar schon Leerverkäufe und gebündelte
Optionsscheine. Also genau das Zeug, das uns dann auch 2008 in die Scheiße
geritten hat. Der Höhepunkt war dann auf einer Auktion am 5. Februar 1637
erreicht. Dann brach der Markt zusammen. Die Optionen waren nichts mehr wert,
die Leerverkäufe ruinös. Es kam zu einer regelrechten Regierungs- und vor allem
Rechtskrise. Man wurschtelte sich griechenlandesk durch, insbesondere war
strittig (und in verschiedenen Städten wurde das unterschiedlich gehandhabt),
welche Kontrakte noch gültig waren. Und, was haben die Menschen gelernt? Nichts.
1720 die Südseeblase in England. Die South Sea Company kaufte englische
Staatsschulden und begab dafür eigene Wertpapiere. Kommt dir bekannt vor, Mario
Draghi, ja? So viel mit der Südsee handelte die Südseekompanie gar nicht und
brach binnen eines Jahres zusammen. Sir Isaac Newton verlor 20.000 Pfund und
meinte: „Ich kann die Bewegung eines Körpers messen, aber nicht die menschliche
Dummheit.“ Zeitgleich brach in Frankreich die Mississippi-Blase zusammen (hier
ging es um angebliche Reichtümer in Louisiana). Undsoweiter undsoweiter.
Übrigens gibt es einen Begriff, der die allerletzte Phase vor dem Zusammenbruch
kennzeichnet: die sog. „Dienstmädchenhausse“. Das sind „börsenferne Kreise“,
die als allerletzte in den Spekulationszug noch einsteigen wollen. Dazu gibt es
auch den „Bildzeitungsindikator“: wenn die BILD auf der Titelseite über
Börsenreichtum berichtet – dann raus aus den Tulpen, rein in die Kartoffeln.
Die Semper Augustus ist übrigens ausgestorben, allerdings
gibt es auch eine Nachfolgezüchtung. 20 Stück kosten 7 Euro 80.
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