Freitag, 11. April 2014

I01 - Igel, Irrgarten etc.





Igel. Sympathische Tiere. Schon immer hat mir ihre konsequente Strategie zur Abwehr von Feinden imponiert: eine reine, klare Defensive, kein Gegenangriff oder Wegbeißen, sondern: Stacheln. Das Aufstacheln (ich nenne es mal so) ist ein körperlich extrem komplexer Vorgang. Unter anderem ist dabei der Schließmuskel des Igels entscheidend mitbeteiligt. Das muß man sich jetzt irgendwie mal vorstellen, wenn man selbst so ein Igel wäre. - Und was ich überhaupt nicht wußte: in Amerika gibt es keine Igel. Von Alaska bis Feuerland: der Kontinent ist komplett igelfrei. Die englische Sprache verdankt es damit den Briten, ein Wort für das kleine Viech gefunden zu haben: den Hedgehog. Ich lese interessiert, daß die Engländer regelmäßig Igel- Volkszählungen durchführen. In den 50ern soll es noch 30 Millionen Hedgehogs gegeben haben. Was ich ziemlich viel finde. Jetzt soll es nur noch eine einzige Million sein. Was ich wirklich wenig finde. Man rätselt über die Ursachen. Road Deaths sind das eine: „Spines are little defence against wheeled predators”, merkt die British Hedgehog Preservation Society nicht amüsiert an. Weitere Ursachen sind umstritten und rätselhaft. Nach USA sind sie jedenfalls nicht ausgewandert, die kleinen Heckenhogs.

Impfen. An eine einzige Impfung kann ich mich noch gut erinnern. Wir mußten uns in der Schule in eine Reihe stellen und wurden dann mit einer Art Pistole am Oberarm gegen die Pocken geimpft. Man hatte uns aufgeklärt, es könnte uns unwohl werden vom Impfpräparat. Und natürlich wurde mir sofort schlecht. Vorher hatte man uns eingebläut, eine grauenhafte und verunstaltende Krankheit würde uns erwischen, wenn wir nicht tapfer das Impfen durchstehen würden. Was ich nicht wußte: ziemlich genau zu dieser Zeit wurde der allerletzte Pockenfall der Welt behandelt. Ein Koch aus Somalia. Danach ist die Krankheit ausgestorben. Na super. Da hätte man mich auch impfen können gegen Kugelblitze, Einhornbisse oder Deutsche Meisterschafen von Schalke 04. - Ich bin noch einmal vor knapp zwei Jahren geimpft worden. Diesmal nicht gegen Pocken. Der nette, schwule Sprechstundengehilfe spritzte mir eine kleine Ampulle, und dann war schon alles fertig. Kombipräparat, meinte er. Tetanus, Diptherie, Poliomyelitis und Pertussis. Ich weiß nicht, was Pertussis sind, und will es auch gar nicht nachschlagen. Wenn blutgeile Pertussis auf mich zugeflogen kommen, bin ich jedenfalls geschützt. Ich bin ein Impfigel.

Irrgarten. Bislang dachte ich, mit der Rechte-Hand-Regel sei alles in Butter in einem Labyrinth. Das stimmt überhaupt nicht. So kann man sich irrgarten. Das funktioniert nur, wenn es nicht Mauern gibt, die nicht mit der Außenmauer verbunden sind (anders ausgedrückt: wenn Mauer-Inseln existieren, bei denen man so im Kreis geht). Es gibt zusätzlich die Methode nach Trémaux, die immer funktioniert, aber komplizierter ist. Man braucht dafür auch ein Stück Kreide, um Wege zu markieren. Man startet in irgendeine Richtung und markiert sie. Wenn man an eine Abzweigung kommt, geht man einen beliebigen Weg, es sei denn, er ist einmal markiert, dann kehrt man sofort um. Wenn er mehrfach markiert ist, nimmt man den Weg mit den wenigsten Markierungen. Und so weiter. Lustig an dem hier abgebildeten Irrgarten, daß es nur einen einzigen Weg hinein gibt, und gerade mal zwei Wege hinaus. Das schafft man auch ohne Trémaux. - In der Kathedrale von Chartres ist ein Labyrinth im Boden eingelassen, das man allerdings nur sieht, wenn die Stühle weggeräumt werden. Das geschieht einmal im Jahr, am Johannistag, am 21. Juni. Das Labyrinth geht auf eine Zeichnung aus dem Jahre 1200 zurück. Es sind 11 Kreise, 34 Kehren und 273 Bodenplatten. Hm. Ich spiele mal Dan Brown. Die 11 Kreise sind die 12 Apostel (minus 1), die 34 Kehren sind die 33 Lebensjahre Jesu (plus 1, logisch). 273 ist etwas komplizierter, da müssen wir auf Johannes 21,11 zurückgreifen: „Da ging Simon Petrus und zog das Netz an Land. Es war 153 großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.“ Und natürlich auf die Apostelgeschichte 1,15: „In diesen Tagen erhob sich Petrus im Kreis der Brüder - etwa 120 waren zusammengekommen - und sagte: Brüder!“ 153 + 120 = 273. Damit ist die Sache ja wohl glasklar! Hammer! Der Petrus-Code!

Isolatoren. Für die Isolatoren ist heute leider keine Zeit mehr. Nur so viel: es gibt ein Isolatorenmuseum in Lohr am Main, und zwar in einem Transformatorenhäuschen. Angeblich das kleinste, gewiß aber eines der traurigsten Museen Deutschlands.

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