Freitag, 15. September 2017

W22 - Wünschelrute, Würfeln




Wünschelrute. Mein Vater hatte sich vor ca. 25 Jahren eingebildet, auf unserem Grundstück Wasser zu finden. Das kam mir schon damals seltsam vor, da keiner der Nachbarn weit und breit einen Brunnen hatte und wir auf einer Hügelkuppe wohnten – da ist es ja einigermaßen logisch, daß das Grundwasser etwas tiefer ist. Er hatte ein Dreibein angeschafft, mit einem Motor, den ich eher an einer Kettensäge vermutet hätte, und einige Bohrer und Rohre. Die ganze Angelegenheit sah allerdings eher nach fischertechnik oder Lego aus als nach sprudelnden Mineralquellen. Eigentlich wollten wir ja auch nur den Planschbecken befüllen und den Garten wässern. Wie auch immer, mein Vater und ich bohrten. Allerdings ging es uns ein wenig wie dem Betrunkenen, der seinen Schlüssel unter der Laterne sucht, weil dort das Licht besser ist: wir bohrten dort, wo der Brunnen gut hingepaßt hätte. Von hydrologischer Analyse (wie auch?) keine Spur. Nach einigen Fehlversuchen und einigen im Erdreich abgebrochenen Rohren nahm dann meine Mutter einer Wünschelrute in die Hand und ging das Grundstück ab, sozusagen als Wasserkassandra. Immerhin verdankten wir ihr zwei neue Bohrlöcher. Eines direkt neben dem Pflaumenbaum, was extrem ungünstig war. Die andere gewünschelte Bohrstelle lag unter dem gepflasterten Gartenweg, da haben wir dann großzügig danebengebohrt. Gefunden haben wir überhaupt nichts. Keinen Tropfen. Lustig fand ich es, daß es die ganze Zeit geregnet hat. – Man nimmt übrigens an, daß die Wünschelrute durch einen sog. Carpenter-Effekt sich bewegt. Das ist der ideomotorische Reflex, mit dem z.B. auch Ouija-Bretter und Gläserrücken funktioniert.



Würfeln. Hier die Regeln von Mäxchen oder Meiern, die einzigen und ultimativen Regeln:



Meiern kann von 2 bis ca. 8 Mitspielern gespielt werden. Es wird reihum verdeckt mit zwei Würfeln auf einem Bierdeckel gewürfelt. Der nachfolgende Spieler muß die gewürfelte Figur des Vorwürflers mindestens übertreffen und gibt dann die verdeckten Würfel weiter.



Die Figuren fallen in drei Kategorien:

1)     Normale Figuren, z.b. 5-3 = 53

2)     Pasche, z.B. 4-4= Viererpasch

3)     Meier = 2-1



Eine Reihenfolge der Würfel gibt es natürlich nicht. Bei den normalen Figuren wird die höhere Zahl vorangestellt, eine 3 und eine 6 ist also 63, nicht 36. Bei den Paschs ist das ohne gleichgültig, und eine 1 und eine 2 ist immer ein Meier.



Das weitergebefähige Minimum ist 51. Daraus ergeben sich damit folgende Figuren in aufsteigender Wertigkeit:



51-52-53-54-61-62-63-64-65-11-22-33-44-55-66-21


Jeder Empfänger hat die Möglichkeit, den Würfel aufzudecken. Das wird er tun, wenn er annimmt, daß der Vorwürfler gelogen hat. Traditionellerweise werden die Punktstände mit Streichhölzer gezählt. Verlierer bekommen ein (oder auch zwei, s.u.) Streichhölzer. Der Ablauf ist folgendermaßen:



1)     Der nachfolgende Würfler glaubt das angesagte Ergebnis. Er darf NICHT darunter schauen und würfelt sofort weiter.

2)     Der nachfolgende Würler glaut das Ergebnis NICHT und schaut darunter
a) Es ist gelogen: der Vorwürfler bekommt ein Streichholz 
b) Es ist nicht gelogen: der nachfolgende Spieler bekommt ein Streichholz



Wenn der nachfolgende Spieler das Ergebnis akzeptiert, selber würfelt und ein niedrigeres Ergebnis hat, jetzt aber wiederum sicher ist, daß seine Lüge nicht geglaubt wird, gibt es die "Chance". Er darf ein zweitesmal würfeln, aber NICHT darunterschauen und gibt verdeckt weiter mit der Ansage „mindestens Viererpasch“ (o.s.ä.)



Hier einmal ein Beispielablauf mit drei Spielern:



A würfelt 5-4 und sagt korrekt an 54

B akzeptiert, würfelt 3-2 und lügt 61

C akzeptiert, würfelt selber unmittelbar weiter und würfelt 4-4, sagt korrekt Viererpasch an

A akzeptiert, würfelt 5-3. 1 nutzt die Chance und würfelt noch einmal, ohne selbst darunterschauen und sagt mindestens Viererpasch an

B glaubt das nicht und schaut darunter: es ist 6-2, damit weniger – A bekommt ein Streichholz



Ein gelogener Meier hingegen ergibt zwei Streichhölzer. Das ist insbesondere gefährlich, wenn man einen Sechserpasch vorgesetzt bekommt. Nun muß man ja einen Meier schaffen (ob im ersten oder zweiten Wurf).



Es gibt eine optionale Regel bei dieser Konstellation: wer einen Sechserpasch vorgesetzt bekommt und akzeptiert, darf einmal würfeln und drunterschauen. Wenn es kein Meier ist (was wahrscheinlich ist), darf er aufgeben und kommt mit einem Streichholz davon. Würfelt er aber die Chance, dann muß er einen Meier lügen, und wenn der nicht kommt: zwei Streichhölzer.



Der Spieler mit dem vierten Streichholz wird aus der Runde entfernt (bei zwei Spielern empfiehlt sich: mit dem sechsten Streichholz). Spiele mit drei Streichhölzern (oder fünf) „schwimmen“, wie man in Meierdeutsch sagt.



Drunterlügen ist verboten und ergibt ein Streicholz.



Der Verlierer fängt neu an.



Strategie: Meiern ist ein Psychologiespiel. Man fährt ganz gut damit, als einigermaßen verläßlich zu gelten. Dann kann man auch gut einige Lügen einstreuen. Reizvoll ist es durchaus auch, ganz am Anfang gleich einen sehr hohen Wert zu lügen (als Anfangender beispielsweise einen Fünferpasch). Würfe bis 65 werden seltener angezweifelt als die Pasche.


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